Projekt Dr. med. Carl Dellevie
Anläßlich der Verabschiedung der Verfassung am
5. Januar 1831 kam es landesweit zu
Festveranstaltungen, so auch in Hersfeld, wo
Gymnasialdirektor Dr. Faber in der Schulaula eine
Rede hielt, deren Manuskript im Schularchiv
erhalten geblieben ist. Wie mußte es auf den
jüdischen Schüler Carl Dellevie wirken, wenn sein
Schulleiter die Glückseligkeit auch des irdischen
Lebens, im Besonderen des Lebens im
Kurfürstentum Hessen, von dem Glauben an Jesus
abhängig sieht und sich in seinem Resumee beim
"Vater im Himmel" für die guten Gesetze des Landes
bedankt und "um Jesu willen" Gottes Beistand
erfleht?
Wurde dem Leiter des Hersfelder Gymnasiums
bewußt, wie enttäuschend das Ergebnis der
Verfassungsdiskussion für die jüdische Minderheit
war? Jedenfalls zeichnete Dr. Faber einige Wochen
später den jüdischen Schüler Carl Dellevie dadurch
aus, dass dieser zusammen mit drei anderen
Abiturienten zur Entlassungsfeier einen Vortrag
halten durfte. Für Carl Dellevie hatte Dr. Faber das
Thema ausgesucht: „Die Verhältnisse
der europäischen, besonders (der) deutschen
Israeliten im Mittelalter und in neueren Zeiten."
Damit ließ Schulleiter Faber seinen jüdischen
Schüler über ein gerade diesem wichtiges und
aktuelles Thema referieren.
So wie in Hanau (Bild oben) wurde auch in Hersfeld mit
festlichen Veranstaltungen die am 5. Januar 1831
verkündete neue Verfassung entgegengenommen.
Die von den Juden erhoffte rechtliche Gleichstellung
war damit noch nicht erreicht - diese kam zwei Jahre
später, mit dem Gesetz vom 29. Oktober 1833.