Projekt Dr. med. Carl Dellevie
"Einige Worte über die auch seit der Verfassung unglücklichen Verhältnisse der
Israeliten in der Provinz Hanau"
1831 erschien eine Schrift mit dem Titel: "Einige Worte über die auch seit der Verfassung unglücklichen
Verhältnisse der Israeliten in der Provinz Hanau", geschrieben in Hanau von Dr. Loebenstern, worin er
sich über das besonders bittere Los der Israeliten in der Provinz Hanau beklagt:
"Unter der ungeheueren Last doppelter ja dreifacher Abgaben seufzend, aller politischen Rechte, ja
selbst des Rechts, Grundeigentum zu erwerben, beraubt, mußten sie, auf den Handel beschränkt, durch
diesen ihr Dasein zu fristen versuchen, und nur durch die kräftige und mutige Bekämpfung einer Reihe
von Plackereien und Mühseligkeiten war er einem Teile von ihnen gelungen, sich bürgerlichen
Gewerken widmen zu können. Die Folgen dieser (... ) Behandlung waren, (daß) fast volle zwei Drittel
von ihnen in tiefe Armut verfielen ( ... ) Alle israelitischen Gemeinden (haben) außer dem Schutzgelde
usw. ihrer einzelnen Mitglieder, unter den verschiedensten Titeln als Federkiel-, Reitklepper-,
Neujahrsgeld usw. noch beträchtliche Abgaben an den Fiskus zu entrichten... Zu groß sind auch die
Ungerechtigkeiten, denen die Israeliten der Provinz Hanau bisher gesetzlich unterworfen waren... Eiliges
Hinwegräumen jener rechtlosen Verhältnisse ist daher dringende Pflicht und die Ausführung leicht
genug... Lange genug sind die Israeliten im Druck gehalten worden, und auch der nur provisorisch
fortbestehende Druck schmerzt und ist Verletzung heiligster Menschenrechte (...) Am
wünschenswertesten wäre es indessen, wenn das in § 29 verheißene Gesetz ... ungesäumt zur
Diskussion käme, und die Rechte der Israeliten auf dauerhaften Grundlagen geordnet würden. Ganz
geordnet sind sie aber erst dann, wenn von BESONDEREN Rechten der Israeliten nicht mehr die Rede
sein wird, und nur EIN RECHT für alle besteht... Sollte es aber in der Tat notwendig erscheinen, die
Israeliten, welche nach so vielen Jahrhunderten gewiß auch Deutsche an Sitten und Denkungsweise
geworden sind, fortwährend nach besonderen Gesetzen zu regieren? Die bejahende Meinung kann
sich... zuletzt nur auf die Verschiedenartigkeit der Kirche, des Zeremoniels, und endlich auf die
große Abweichung im (…) Küchenzettel stützen! Wir Israeliten aber betrachten uns trotz dieser
wesentlichen (?) Verschiedenheiten, als Deutsche; unser Wünschen, unser Streben, unser
politischer Glaube ist innig verkettet mit dem unserer christlich-hessischen Brüder, von denen wir
deshalb auch vertrauensvoll eine brüderliche Aufnahme in die große Familie der Deutschen
erwarten. Möchte doch endlich in unserem aufgeklärten Zeitalter, wo alles so eifrig Freiheit des
WORTS und GLEICHHEIT DES RECHTS zu erringen strebt, diese Freiheit und Gleichheit nicht
durch den Glauben bedingt bleiben!“