Plymouth-Limousine von Chrysler, das erste Auto, das Arthur Hahn
in Amerika fuhr.
Arthur Hahn starb am 15. April 1973 in Florida im Alter von
74 Jahren.
Hannelore Hahn über die
Schwierigkeiten ihres Vaters Dr. Arthur
Hahn, mit seiner US-amerikanischen
Umwelt klar zu kommen (On the Way to
Feed the Swans):
"In Amerika war mein Vater immer müde.
Er kam aus dem Büro völlig abgespannt
nach Hause, aß sein Abendbrot und stellte
das Radio an, um „Major Bowes“ oder
„Gangbusters“, seine Lieblingssendungen,
zu hören. Mein Vater war eigentlich ein
sehr ehrgeiziger Mann. Darum kam es mir
seltsam vor, dass er im Land der
ehrgeizigsten Männer anscheinend keine
Zukunft sah. Während ich versuchte, mich
in die Schablone des neuen Landes zu
zwängen, der Fahne Treue zu versprechen,
Girl-Scout-Kekse zu verkaufen,
Quadratknoten zu binden, klinkte sich
mein Vater langsam aus. Seine Ambitionen
waren in Europa Realität geworden. Dort
hatte er die Leiter des Erfolges
beschritten. Aus einem kleinstädtischen
Milieu stammend, wurde er Teilhaber in
einer internationalen Firma. Aber in
Amerika bedeutete dieses alles nichts. In
Amerika wurde die Vergangenheit
ausgewischt wie die Kreide auf den
Schiefertafeln.
Dieses Auslöschen der Vergangenheit war
ohne Zweifel ein Segen für die Millionen,
die keinen vergangenen Ruhm mit sich
herumschleppten, aber nicht für meinen
Vater. Er hatte einen Status in Europa
erreicht, der hier keine Anerkennung fand,
und er wollte seine europäischen
PRIVILEGIEN behalten.
Der Drang, seinen Status zu betonen,
zeigte sich darin, daß er darauf bestand,
mit „Dr. Hahn“ angesprochen zu werden.
Es ist wahr, er verdiente sich diesen Titel
an der juristischen Fakultät der
Universität Würzburg mit einer
Dissertation über die Rechte von
Kriegsgefangenen, aber in Amerika
wurden die Rechtsanwälte nicht „Dr.“
genannt. Dazu kam, dass mein Vater nie
als Rechtsanwalt gearbeitet hatte. Deshalb
war das Tragen eines solchen Titels in dem
neuen Land sogar noch unberechtigter.
In dem Land des Pragmatismus wurde ein
Titel ohne Ausübung des Berufes nicht
ernst genommen. In einer Demokratie gibt
es keine Posten ohne Verantwortung.
Kein Wunder, daß mein Vater sich mit
Leuten aus der alten Welt umgab, die jetzt
in Washington Heights im nördlichen
Manhattan wohnten. Sie kamen sonntags
haufenweise zu Besuch, nahmen einen Bus
über die George Washington Bridge und
erfreuten sich an einem Tag auf dem Land,
wie sie es nannten.
Auch in geschäftlichen Angelegenheiten
verließ sich mein Vater auf seine
ausländischen Kontakte. Dank seiner
Verkaufskunst florierte die National
Malting Company, obwohl seine Kunden
nicht die heimischen Brauer waren.
Neunzig Prozent unseres Malzes wurden
an deutsche und lateinamerikanische
Brauer in Brasilien, Argentinien,
Nicaragua und Honduras verkauft.
Eines Tages kam mein Vater aus
Nicaragua mit einem neuen Titel zurück.
Er war nun „Konsul Dr. Arthur Hahn“.
Der Titel war ehrenamtlich und trug keine
Ministermappe, aber er erlaubte ihm, den
amerikanischen Schmelztiegel zu umgehen.
Die einzige Konzession in der Neuen Welt
gegen die Abneigung, gewisse Dinge selbst
zu tun, machte mein Vater hinsichtlich
Autofahren. Unser erstes Auto war ein
schwarzer Plymouth Sedan. Jeden Sonntag
fuhren wir aus der Stadt heraus,
normalerweise Richtung Bear Mountain."
"Die einzige Konzession in der Neuen Welt gegen die
Abneigung, gewisse Dinge selbst zu tun, machte mein Vater
beim Autofahren. Unser erstes Auto war ein schwarzer
Plymouth Sedan. Jeden Sonntag fuhren wir aus der Stadt
heraus, normalerweise Richtung Bear Mountain."
(Hannelore Hahn, On the Way to Feed the Swans, 1982)