Brief von Rudi Hahn aus seiner Dresdener
Haftanstalt an seine Frau Lissy vom 13. März 1938
(Seite 2)
spare nicht, ich überlasse es Dir und
meine herzl. Gratulation + Küsschen,
Deinem Vater auch einen Tröster, lasse
doch schon jetzt den Radio umlegen +
zahle die Kosten; hättest Du nicht Lust
Dich mit dem Couchzimmer bei Deinen
Eltern einzumieten, wenn mein Zustand
noch länger hier anhalten sollte, denn in
dem großen Haus kannst Du Dich doch
nicht wohlfühlen. Hat Rechtsanwalt Dr.
Schwabe schon Haftentlassungsantrag
gegen Sicherheit gestellt, er sollte ihn
einreichen, auch mich besuchen, ach,
nun ist auch die Zeit herum und in 2-3
Tagen können wir uns sehen +
sprechen, wie freue ich mich schon
darauf, endlich Dir wieder ins Auge
schauen zu können. Gute, ich bestelle
mir schon was nötig ist, aber man hat
auf nichts Appetit, die Haft drückt doch
so schwer, daß man auf nichts Lust hat,
nur einen Gedanken, wann hast du die
Freiheit wieder und diese Sorge läßt
auch kein Bäuchlein ansetzen, obwohl
ich in den letzten Wochen an Gewicht
nicht verloren habe. Bobbi macht mir
mit seinem Essen + Frechheiten Spaß,
warum auch nicht, er ist doch ein Junge.
Von Tepl. höre ich nichts, einen
Kartengruß dürften sie noch übrig
haben. Wenn diese verfluchten Aufträge
nicht gewesen wären, wie schön hätten
wir dann die paar Flitterwochen noch
besser erleben können, aber nun hat
alles keinen Zweck mehr, unsere
schönste Zeit, meine sehr Liebe, hat
man uns von Capri aus schon zerstört,
keine Ruhe, nun noch dieses Leid, es ist
sehr schwer zu ertragen und gerade
wieder heute an diesem schönen
Sonntag, wo Du sicherlich auch wieder
sehr verzweifelt sein wirst, aber, Liebes,
wir werden tapfer sein und zum
Schmerz jede Geduld aufbringen
müssen. Wegen der Lampe überlasse
Dir, vielleicht hat es Zeit, auch der
Schrank, den Tisch handle billig aus. Es
freut mich, daß man überall sehr lieb zu
Dir ist, warum auch nicht, und die Flora
hat sogar eine Flasche beigeholt, die
wird aberdurch die Zeit etwas sauer
geworden sein. Schreibst Du meinen
Eltern, schickst ihnen Auszüge meiner
Briefe, bitte, sie warten doch auf Post.
In großer Erwartung Deines Besuches
bin ich mit innigsten Küssen Dein Dich
unsagbar liebender Rudi