Abenddämmerung, Mondaufgang
(Sylt), 1910
Ölgemäde auf Holz von Franz Korwan
Korwan hat sein künstlerisches
Selbstverständnis einmal so formuliert:
"Das Motiv liegt bei mir nie im
Gegenständlichen, meist in der Luft
oder im Farbenreiz, in erster Linie und
fast ausschließlich wie sie an der
Nordsee in Erscheinung treten.
Nichts zeigt mehr die logische
Folgerichtigkeit der Naturgesetze wie
das Meer. Man kann es nur malen,
wenn man die inneren
Zusammenhänge begriffen hat, wie der
Arzt die Anatomie des Körpers
gründlich kennen und beherrschen
muß."
Das Jahr 1920 markierte den Wendepunkt im Leben von Franz Korwan alias
Sally Katzenstein. Aus privaten und persönlichen Gründen zog er sich aus dem
öffentlichen Leben zurück. Aus der freiwilligen Zurückgezogenheit wurde in den
1930er Jahren eine diktierte Isolation. Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 begann
für Korwan ein grausames Leben. All die für die Insel vollbrachten Errungenschaften
wurden vergessen. Plötzlich zählte nur noch seine Abstammung. Mit Beginn der
Naziherrschaft wurden Korwan und seine Lebensgefährtin zunehmend gemieden.
Nachdem die Nationalsozialisten zunächst die jüdischen Kurgäste vertrieben hatten,
richteten die Angriffe sich bald gegen die wenigen auf Sylt ansässigen Juden. 1937
verließ Franz Korwan mit seiner Lebensgefährtin Elsa Saenger die Insel, um sich in
einer großen Stadt in der Masse zurückziehen zu können. Doch in Wiesbaden und
Baden-Baden fanden sie nicht den erhofften Schutz. Beide wurden 1940 in Baden-Baden verhaftet und deportiert. Die Nationalsozialisten machten aus Franz Korwan
wieder Sally Katzenstein. Seine letzte Ausstellung auf der Insel fand im Jahr 1934 statt.
Sechs Jahrzehnte später, im April/ Mai 1993, zeigte das Keitumer Heimatmuseum
nach vielen vergeblichen Bemühungen wieder eine Ausstellung mit Bildern von Franz
Korwan, die dank der langjährigen, hartnäckigen Forschungen
des Lehrers Joachim Pleines und der Vorsitzenden der Sylter Kunstfreunde, Elke
Harms, zustandegekommen war. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung sagte der
Korwanforscher Pleines: "Bei der Antwort auf die hypothetische Frage, ob
Korwan hier (auf Sylt) überlebt hätte, sollte jedoch nicht vergessen werden,
daß drei der hiesigen assimilierten Juden zu KZ-Haft verurteilt wurden, von
denen zwei nicht zurückkehrten. Wenn wir Korwan nur als Kunstmaler ins Visier
nähmen, würden wir seiner Person nicht gerecht und hätten 60 Jahre nach der
Machtergreifung dazu beigetragen, einen schmerzlichen Teil Sylter Geschichte zu
verdrängen."