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Ich arbeitete drüben bei RMW. Wie ich abends nach Hause ging, stand im Schaufenster „Manchester-Anzüge“ - vergess ich nie. Die Jacke war etwas dunkler als wie die Hose. Haben das zusammengestellt. 20 Mark. Man durft aber beim Juden net mehr kaufen. Da denk ich, was machst denn nur? Ich - gegen Abend - ich wusste, man kann vom Kirchplatz auch von hinten reinkommen. Im Dunklen ich wieder rüber.
Sprech’ ich zu meiner Frau: „Ich muss mal irgendeinen ... Anzug kaufen.“
- „Lass dich nur erwischen“, spricht meine Frau.
Ich sag: „Mich erwischt keiner!“
Ich wieder hin. Die haben die Tür aufgemacht, die kannten mich ja.
„Sie haben da so einen Anzug, passt denn der?“
- „Wir haben noch mehr!“
Sind wir hinten in die Küche, da hab ich sie anprobiert.
" … nur dass uns keiner sieht."
- „Nee, nee, nee!"
Ich bin dann am nächsten Tag - stolz wie ein Spanier - an die Arbeit, mit der Jacke.
Ich geh drüben zum Tor rein - 
„Meier Linz!“  Und zwar von dem Küttel und vom Hassenpflug. Die haben sofort gesehen, dass das ein Anzug aus dem Haus von Meier Linz war.
Da sehen Sie, wie die die ganzen Sachen beobachtet haben.
Das war lange, lange vor …  Die hatten ja noch vor auszuwandern.Ob das dann geklappt hat, das war ne ganz andere Sache.Die wollten ja ... möglichst verkaufen - billig abstoßen, net wahr.
- Was wäre denn passiert, wären Sie öffentlich reingegangen und hätten sich einen Anzug gekauft?
Das war ganz klar - es ging Befehl an alle Bürger, nicht bei Juden zu kaufen!
Das war verboten! Das gab’s net. Sie durften nicht bei Juden kaufen! Durften kaufen, aber nicht erwischen lassen. Das ist doch klar.Und die Juden konnten ja nichts mehr verkaufen - sie kriegten ja nichts mehr geliefert! Das war ja überhaupt nicht möglich. Die wären direkt ausgestorben, weil sie nicht mehr verkaufen konnten.
  
Interview mit dem  Rotenburger Zeitzeugen Georg Köhler im Sommer 1988