Sophie Linz lässt es in ihren
Erinnerungen offen, um welchen
Wahltermin es sich handelte, als
ihre Eltern unter Zwang im
Rotenburger Rathaus ihre
Stimmen abgeben mussten.
Wie ich schon sagte, keiner hat sich darum gekümmert und ich
habe nie einen Unterschied gemerkt. Meine Freundin war nebenan
Ursel Biel. Die hatten auch ein Geschäft. Und eine andere Freundin
hat gegenüber gelebt, ein Geschäft Ries, es war Elisabeth. Wir
spielten zusammen und wir spielten auf der Straße. Dann kam der
Wahltag. Meine Mutter war im Bett, krank, mit einer
Halsentzündung, und hatte Fieber. Mein Vater war noch nicht zum
Wählen gegangen. Nachmittags um zwei, drei Uhr kamen zwei SA-Männer in die Wohnung - denn durch das Geschäft war ja alles
offen - und sagten: „Herr Linz, Sie haben ja noch nicht gewählt.“
Sagte er: „Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen, meine Frau ist
krank im Bett.“
„Das macht nichts, gehen Sie, holen Sie sie und gehen Sie
wählen!“
So ist meine Mutter aufgestanden, angezogen und ist zum
Wählen gegangen mit meinem Vater, und die 2 SA-Männer sind
hinter her. Als sie dort am Rathaus ankamen - das war ja um die
Ecke -, da sagten sie. „Jetzt wählen Sie für den Hitler! Wenn nicht,
passiert Ihnen was!“ So mussten sie für den Hitler wählen. Das
weiß ich heut’ nicht mehr, ob die andern jüdischen Menschen auch
so wählen mussten.
Klick: Rotenburger Mitglieder des NSKOV (Nationalsozialistischer
Kriegsopferverband) im Nov.1933 mit Wahlaufruf
Sophie Linz' Mutter Fanny,
geb. Plaut, im September 1932.
Klick:
Fanny Linz in ihrem Haus in der Rotenburger
Breitenstarße