Auf dem Foto oben links die Unterkunft der Umschüler von Gut Jägerslust bei Flensburg,
rechts oben Erwin Linz (1. Reihe, links) mit anderen
Umschülern in der Flensburger Unterkunft,
unten links Gutsbesitzer Alexander Wolff (ganz links) mit
seiner Mutter Käthe (3.v.l.) und einigen Umschülern, 1935/36.
unten rechts Erwin Linz hinter dem Ackerpflug
(die beiden Aufnahmen links: Bernd Philipsen, in: Verführt. Verfolgt.Verschleppt. Aspekte nationalsozialistischer Herrschaft in Flensburg 1933-1945, 2. Aufl. 2003)
Klickjeweils Vollbild
Mein Bruder war in der Zwischenzeit in Flensburg und hat Landwirtschaft gelernt, denn er wollte nach Palästina ausreisen. Die Männer waren ja nicht mehr sicher. Und nachdem er dort beendigt, ist er sogar noch nach Rotenburg und hat für einen Landwirt gearbeitet, bis er dann ausreisen konnte. Sonst hätte er nicht gehen können, er musste die Landwirtschaft kennen. Ich weiß nicht das Jahr, er muss in 36 oder 37 ausgewandert sein, das kann ich nicht mehr entsinnen.
  
Sophie Linz berichtet, ihr Bruder Erwin habe in Flensburg "Landwirtschaft gelernt". Gemeint ist damit der Gutshof "Jägerslust" am Stadtrand von Flensburg, ab Herbst 1934 eine der ca.
60 Stellen in Deutschland, wo Juden für eine landwirtschaftliche bzw. handwerkliche und hauswirtschaftliche Tätigkeit in Palästina ausgebildet wurden. Derartig geschulte
Arbeiter - ihr Alter lag zwischen 18 und 35 Jahren - wurden im unterentwickelten
Palästina dringend gebraucht und bei der Vergabe von Einreisezertifikaten durch die britische Mandatsregierung bevorzugt. Organisiert von der zionistischen Hechaluz-Bewegung prägte man  den Begriff "Hachschara" (wörtlich "Ertüchtigung", "Tauglichmachung") für diese Form
organisierter Vorbereitung auf ein Leben in Palästina/ Israel. Nach der
NS-Machtergreifung gab es für jüdische Jugendliche nach ihrem Schulabschluss kaum noch eine Möglichkeit, einen Beruf zu
erlernen. Die jüdischen Lehrgüter und Lehrwerkstätten waren oft die einzige Möglichkeit, eine berufliche Ausbildung zu erhalten. Neben der beruflichen Ausbildung
ging es in den Stätten der Hachschara auch
um das Einüben eines Lebens in der
(jüdischen) Gemeinschaft, das Erlernen des Hebräischen und Vertrautwerden mit jüdischer Geschichte und Kultur.
  
Klick: Erwin Linz auf Hachschara