Wie bereits ausgeführt, lässt es Sophie
Linz in ihren Erinnerungen offen, um
welchen Wahltermin es sich handelte, als
ihre Eltern unter Zwang im Rotenburger
Rathaus ihre Stimmen abgeben mussten.
Einiges spricht dafür, dass es sich um
den 12. November 1933 handelte, als die
Bevölkerung zur Stimmabgabe für die
Einheitsliste der NSDAP zur Wahl eines
neuen Reichstags und zugleich über den
Austritt Deutschlands aus dem
Völkerbund aufgefordert war. Die
Reichsvertretung der deutschen Juden
hatte aus diesem Anlass einen Aufruf
verfasst, in dem es hieß: "Trotz allem,
was wir erfahren mußten: Die Stimme
der deutschen Juden kann nur ein Ja
sein."
In den einzelnen Orten der Region mit
zahlenmäßig relevanter jüdischer
Bevölkerung wird aus den
Abstimmungsergebnissen eine
unterschiedliche Reaktion erkennbar.
Während etwa in dem "Judendorf"
Schenklengsfeld 6% der
Wahlberechtigten ihre Zustimmung
verweigerten, erreichten in Niederaula,
dem zweiten Judenzentrum im Altkreis
Hersfeld, die Ja- bzw. NSDAP-Stimmen
die Zahl der Wahlberechtigten, die
Niederaulaer Juden folgten also
geschlossen dem Aufruf der
Reichsvertretung.
Rotenburger Mitglieder des NSKOV (Nationalsozialistischer Kriegsopfer-Verband) im November 1933 mit Wahlaufruf (auf der Tafel vor dem
Hauptportal der Jakob-Grimm-Schule):
DEUTSCHER!
Hast Du schon GEWÄHLT?
Wenn NICHT
dann waren
unsere OPFER UMSONST!