Die Speisevorschriften des koscheren Haushalts
Wie schon beschrieben, haben die Juden in Schenklengsfeld alle einen koscheren Haushalt geführt. In dem
hebräischen Wörterbuch bezieht sich das Wort Koscher auf die eßbaren Produkte, die aufgrund der
jüdischen diätetischen Gesetze gegessen werden dürfen. Aufgrund des Verbotes, Blut zu essen, (1. Mose
9,4) ist das Schächten der Tiere entstanden. Danach wird in 3. Mose 17,14 beschrieben, wie man in der
Küche Fleisch und Leber durch Salzen und Wässern ausbluten und koscher machen kann. Die Juden in Sch.
Kauften ihr Fleisch von dem koscheren Metzger, in desssen Schlachthaus wöchentlich geschächtet wurde.
Geflügel wurde zum Schlachthaus oder zur Wohnung des Schächters (Lehrer) gebracht und danach zu
Hause genau nach Vorschrift koscher zubereitet. Nur Fische mit Schuppen und Flossen konnten als
koscher betrachtet werden. 5. Mose 14, 3-20 wird zwischen reinen und unreinen Tieren unterschieden.
Auch wurden die Gesetze, die die Auseinanderhaltung von Fleisch- und Milchgerichten genau beachtet.
Während es in einigen Häusern sogar separate Küchen für fleischig und milchig gab, hatten doch alle
Familien spezielle Koch- und Eßgeschirre für beides. Das führte sogar so weit, dass man an Pesach
wiederum anderes Geschirr für beides haben mußte. Dies wurde dann nach den Feiertagen wieder gut
verpackt und bis zum nächsten Jahr aufgehoben. Nach einer Fleischspeise mußte man 3 Stunden bis zur
nächsten Milchspeise warten, aber umgekehrt war eine Stunde erlaubt. Für einen jüdischen Haushalt in
Schenklengsfeld Schweinefleisch oder irgendeine andere nicht koschere Speise zu gebrauchen, war
undenkbar. Wenn ein Jude nicht zu Hause war und unterwegs essen mußte, ernährte er sich so, wie es
ihm die Vorschrift erlaubte. Im Winter wurde Fleisch nur vom vorderen Viertel des Tieres gekauft oder
selbst geschlachtet (geschachtet) und nur die erlaubten Vorderviertel gebraucht und die Hinterviertel an
den Bauern zurückverkauft. Von den Vordervierteln wurde Wurst gemacht und geräuchert, Fleisch gepökelt
und auf Vorrat geräuchert, da es keine Kühlschränke gab. Andere koschere Produkte(Kolonialwaren)
konnte man in Schenklengsfeld oder in Hersfeld im jüdischen Geschäft kaufen.
Zu verschiedenen Zeiten des Jahres kamen jüdische Hausierer aus den Städten, ältere Leute, für die es
schwierig war, sich in der Stadt zu ernähren. Sie gingen in der jüdischen Gemeinde von Haus zu Haus mit
ihrem Handkoffer. Von ihnen kaufte man Dinge, die im Dorf nicht zu haben waren. So bekam man die
verschiedenen koscheren Kerzen und auch die koschere Seife, die zum Spülen des Eßgeschirrs benutzt
wurde. Als ein koscheres Produkt durfte sie nicht, so wie allgemein, aus Tierfetten gemacht werden.
Außerdem kaufte man so auch die Kalender, Messussoth, Tzizith und dergleichen Artikel. Sie verkauften
auch Bleistifte, Schreibpapier, Nähgarne u.a. Gewöhnlich wurden diese Händler um die Mittagszeit in einem
der jüdischen Häuser als Gast zum Essen eingeladen. Oftmals erzählte man sich auch, daß der eine oder
andere dieser Warenhändler sich in gewissen Notfällen als Heiratsvermittler angeboten hätte.