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Projekt: Hans Löwenberg
Der jüdische Sabbat und Vorbereitungen zum Sabbat
In der hebräischen Umgangssprache ist der siebente Tag in der Woche der Jom Ha-Schwii (Jom heißt Tag), oder auch Jom Haschabbath, „der Tag der Ruhe". In ultra-orthodoxen Kreisen wird er Schabbath kodesch, „der heilige Sabbat", genannt. Ohne Zweifel ist der Sabbat als Ruhetag der wichtigste Tag in der Woche für die ganze Familie. Jede Art von Handel und Kommerz war untersagt, alle Geschäfte waren geschlossen, und es wurde keinerlei Arbeit verrichtet. Der Sabbat fängt an mit dem Sonnenuntergang am Freitag und geht zu Ende am nächsten Abend mit dem Erscheinen der ersten drei sichtbaren Sterne. Er ist der heiligste der jüdischen Festtage, und schon in den Zehn Geboten wird darauf hingewiesen, daß kein Mitglied des Haushaltes irgendwelche Arbeiten verrichten darf (2. Mose 20,10 und 5. Mose 5,14).
Die Vorbereitungen für diesen wöchentlichen Ruhetag fingen schon am Donnerstag an. Da wurde am Abend der Teig für die Barches (Sabbat-Weißbrot) angesetzt, das frisch geschlachtete Fleisch durch Salzen und Wässern koscher gemacht und wahrscheinlich auch das Sabbat-Gericht besprochen. Um diese Zeit besuchten die Frauen auch die Mikveh, das örtliche rituelle Bad, das aber nicht nur zu gewissen Zeiten von Frauen, sondern auch von Männern benutzt wurde (laut der gesetzlichen Vorschrift in 3. Mose 12,2 + 7;  16,4 und 4. Mose 19,9 +19, sowie auch in 5. Mose 23,12, wo die genauen Einzelheiten beschrieben sind).
Sehr früh am Freitagmorgen wurde der aufgegangene Teig zu ungefähr drei bis vier Laib Weißbrot geknetet. Zuerst aber nahm die Hausfrau eine kleine Probe des Teiges und warf diese ins offene Herdfeuer als Symbol der Wohltätigkeit (5. Mose 24, 19 + 20). Danach wurden die Brote mit einem geflochtenen Zopf verziert und mit Mohnsamen bestreut. Allerdings wurde der Teig nicht mit Milch, sondern mit Wasser zubereitet. Dadurch waren die Barches parve und konnten mit Fleisch- oder auch mit Milchgerichten gegessen werden. Diese Brote wurden dann zum Backofen im Dorf gebracht und später warm und knusprig wieder abgeholt. Den größten Teil des Tages verbrachten die Frauen mit Kochen, Backen, Scheuern, Putzen und Polieren.
Am Spätnachmittag wurden die Bäder genommen, Ohren und Nägel der Kinder inspiziert, während die Männer
sich zum Rasieren vorbereiteten. Die streng Religiösen benutzten das Schwefel (Barium) nach der Vorschrift
Richter 16,17, während andere sich schon an Seife und Messer gewöhnt hatten. Danach wurde die Alltags- mit
der Feiertagskleidung gewechselt. Der Leuchter mit den Sabbatkerzen stand schon auf dem festlich gedeckten Tisch. Es war die Zeit, zu der jegliche Verrichtung von Arbeit aufhörte. Sogar Dinge, die einem im allgemeinen
nicht als Arbeit erschienen, konnte man nicht mehr tun: Keine elektrischen Geräte, wie Licht, Radio, Hausklingel oder Telefon einschalten oder benutzen oder offenes Licht oder Feuer anzünden. Deshalb durfte auch nicht geraucht werden. Rasieren, maniküren, pediküren, nähen, handarbeiten, stricken und sticken, Papier zerreißen, Briefe öffnen, schreiben und musizieren sowie Schuhe putzen sind nur ein kleiner Teil der verbotenen „Halbarbeiten". Zum Verbot des Handels und des Kommerz gehörten auch tragen, fahren, mit Geld umgehen, und u.a. auch säen und ernten. Die Liste ist lang. Aber im Laufe der Jahrhunderte hatte man gelernt, diese Gebote nicht als Einschränkungen zu betrachten, und man wußte sich in vielen Dingen zu helfen, wie folgende Beispiele beweisen:
- Da man am Sabbat nicht kochen und backen durfte, war fast in jedem der jüdischen Häuser eine Grude. Alles Essen wurde am Freitag gekocht und am Sabbat in der Grude warm gehalten. Die Grude ist eine mit Koks
geheizte Metallkiste, in der eine Schicht mit glühendem Koks eine dauernde Hitze abgibt. - Für den Kaffee gab es Thermosflaschen. Da man kein Papier reißen durfte, wurden die Kinder wöchentlich für das im voraus zu reißende Papier verantwortlich gemacht.
- Weder durfte man Bäume schütteln, noch die gefallene Frucht auflesen. Das wurde als Ernte angesehen.
- Hätte man beim Hühnerfüttern die Körner auf nassen Boden geworfen, so wäre das als Säen betrachtet
worden, also warf man diese ins Trockene.
- Man durfte natürlich seine Tiere füttern und auch auf die Weide bringen, aber die Kühe nicht melken. Ein christlicher Nachbar durfte dies tun und die Milch für sich behalten.
- Es konnte auch ein Nicht-Jude ins Haus kommen, um im Winter den Heizofen anzustecken oder um am Freitagabend das Licht auszulöschen. Das mußte aber nach einem vorherigen Einvernehmen freiwillig von einem Nachbarn getan werden. Man durfte niemand dazu auffordern oder gar dafür bezahlen. Dann wäre derjenige ja im Dienste des Juden gestanden.
- Da die Synagoge ohne Wasser war, gab es darin auch keine Heizung, so daß die Gefahr von eingefrorenen Wasserrohren nicht existierte. Bei besonders grimmig kaltem Wetter im Winter wurde der Sabbat-Gottesdienst in dem Raum der jüdischen Volksschule abgehalten, da man dort einen großen Heizofen hatte. Ein christlicher Nachbar sorgte für die Heizung am Sabbat, und eine Thora wurde am Freitag von der Synagoge überführt, Es
kam auch vor, daß man bei Glatteis oder hohem Schnee Andachten in verschiedenen Privathäusern abhielt, solange ein Minjan anwesend war. Jemand, der in Lebensgefahr war, durfte ins Krankenhaus gefahren werden.
- Einige Familien hatten christliche Mädchen als ständige Hausangestellte mit voller Pension. Diese Mädchen wußten nach kurzer Zeit genau über alle die jüdischen Gebote und Eigenheiten Bescheid und konnten
selbständig am Sabbat und auch an den Festtagen den Haushalt führen.
- Bevor man Elektrizität hatte, steckten die Juden vor dem Sabbat Kerzen zum Beleuchten des Hauses an. Nach dem Erlöschen gingen sie im Dunkeln zu Bett. Einige Familien besaßen eine Lampe, deren Öl und Docht in fünf Schiffchen für 24 Stunden ausreichten. Später hatte man automatische Uhren, die zum Auslöschen des elektrischen Lichts eingestellt wurden.