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Zwei Opfer zum Anfassen (Forts.)
Moshe Naveh und Judith Epstein berichten über ihre Flucht vor dem NS-Regime
Doch die Entscheidung der Eltern, ihre Töchter in eine Einrichtung zu geben, die damals allen jüdischen Kindern offen stand, rettete den beiden Schwestern das Leben. 1940 konnten die Kinder Deutschland verlassen und reisten zu Moshes Familie nach Palästina. Ihre Eltern - das erfuhr sie erst Jahre später - sind in Auschwitz umgebracht worden. „Ich habe Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass meine Eltern nicht mehr da sind und meine Schwester und ich nun ganz allein auf der Welt sind", sagte Judith Epstein.                       
Einen eisernen Vorhang über diese Zeit gelegt
Mit einem Fragenkatalog in der Hand hatten die Schüler ihren Besuch, Moshe Naveh und Judith Epstein aus Israel, schon gespannt erwartet. „Die Kinder haben sich super vorbereitet", lobte Geschichtslehrerin Susanne Hofmann, die ankündigte, dass die Klasse ihre
Unterrichtsergebnisse in einer Ausstellung präsentieren werde. absolut offen berichteten Naveh und Epstein über ihre Erlebnisse. Und der Verlust des Vaters oder der Tod von Judith Epsteins Eltern in Auschwitz machten die Jugendlichen sichtlich betroffen. Dr. Heiner Nuhn, passionierter Forscher zur Geschichte der jüdischen Minderheit im Raum Bad Hersfeld-Rotenburg, hatte die beiden nach Bad Hersfeld eingeladen. „Es ist meine Pflicht, für die nächsten Generationen etwas zu hinterlassen", erklärte Moshe Naveh seine Motivation für diese Reise. Während seine Cousine Judith schon immer in ihrer Familie über ihre Zeit in Deutschland gesprochen hatte, erzog er seine Familie so, als ob ihr Leben in Israel erst angefangen hätte. „Ich hatte einen eisernen Vorhang über die Zeit damals gelegt", erklärte Na­veh. Zwei Stunden lang sprachen die beiden
mit den Schülern der neunten Klasse der Kon­rad-Duden-Schule, bevor sie von Bad Hersfelds Bürgermei­ster Hartmut H. Boehmer, im Rathaus empfangen wurden. Ob so etwas wie damals wie­der geschehen könne, fragten die Jugendlichen. „Ich will nicht glauben, dass das noch mal passieren kann, aber ich bin nicht sicher", antwortete Naveh. Doch je offener miteinander gesprochen werde, desto geringer seien die Chancen dafür. (AR)
[>[> Unter www.ag-spurensuche.de sind die Schicksale von Moshe Naveh und Judith Epstein noch einmal zum Nachle­sen aufbereitet worden, zusam­men mit weiteren Informatio­nen zur Forschung von Dr. Heinrich Nuhn.