Mein erstes Jahr in der Schule verbrachte
ich im Alter von 6 in der jüdischen Schule in
Baumbach. Dies war eine einklassige Schule
im Erdgeschoss der Synagoge, und Herr
Stiefel war unser einziger Lehrer. Dieser Herr
wohnte in unserem Dorf, war zugleich auch
als Kantor und Vorsänger tätig und hielt
gelegentlich eine Predigt. Er war ein sehr
netter Mensch, und bei ihm fing ich an mit
dem Lesen und Schreiben, hebräisch ebenso
wie deutsch. Zum Glück konnte er rechtzeitig
aus Deutschland rauskommen, er starb im
März 1945 in New York City. Wegen der
geringen Zahl jüdischer Kinder in Baumbach,
wurde mein Unterricht in der deutschen
Sprache nach meinem ersten Schuljahr
unterbrochen. Bis zu unserer Auswanderung
ging ich in die öffentliche Volksschule im Ort.
Unser Hebräischunterricht bei Lehrer Stiefel
wurde beibehalten. Anfangs fand ich Freunde
in der neuen Schule und alles war in Ordnung.
oben: Lehrer Stiefel mit den
Schülerinnen und Schülern
der jüdischen Schule in
Baumbach 1926/27.
Mit der Pensionierung Stiefels
zum 1. Januar 1933 wurde die
Schule aufgelöst, die jüdischen
Schüler wurden in die
Baumbacher Volksschule
eingewiesen. Den
Religionsunterricht erteilte
weiterhin der pensionierte Lehrer
Stiefel (auch für die jüdischen
Schülerinnen und Schüler in
Rotenburg)
links: Isfried Neuhaus 1933