An der Hauptwache in Frankfurt am Main (1901)
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weitere Frankfurter Stadtlandschaften von Jakob Nussbaum
Mit dem Gemälde An der Hauptwache in Frankfurt am Main  (1901)) begann in Nussbaums Schaffen
die lange Serie seiner Darstellung von
Frankfurtmotiven. Über drei Jahrzehnte hin hielt er Impressionen von der Stadt mit ihren Plätzen und wichtigen Persönlichkeiten fest, denen er in seinen späteren Jahren als Vorsitzender des Künstlerbundes von 1919 bis 1929 auch selbst zugerechnet werden kann. Nussbaum empfindet die Stadt nicht als den Moloch, der eine moderne Großstadt in jenen Jahren
für viele Künstler schon war. Er stellt die Stadt nicht
als einen Ort großer sozialer oder politischer Spannungen dar, sondern sieht sie mit den Augen des Landschaftsmalers, er malt also im wahrsten Sinne des Wortes eine „Stadtlandschaft“.
Die zahlreichen Motive der Stadt, die Nussbaum gemalt, gezeichnet, radiert und lithographiert hat, sind - über ihren künstlerischen Wert hinaus - einzigartige Dokumente für die Geschichte Frankfurts in den
ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts, und zwar
weniger in Hinblick auf detaillierte topographische Angaben als vielmehr dadurch, dass sie das damalige Stadtbild in seiner unverwechselbaren Erscheinung sichtbar machen. „Die Bilder teilen uns nicht so sehr
mit, wie das und das aussah, sondern mehr, wie es
dort und dort war.“ So Christian Lenz in dem Katalog zu der Sonderausstellung im Frankfurter Städel anlässlich von Nussbaums 100. Geburtstag.
Malerisch wie thematisch war Nussbaum in Frankfurt mit einer ähnlichen Situation konfrontiert wie Jahre
zuvor in München. Das Bemühen um neue malerische Lösungen hinsichtlich Thema, Inhalt, Komposition
und Farbe traf zeitverzögert auch in der
Mainmetropole zunächst auf den Widerstand des gesellschaftlich-politischen und künstlerischen Establishment. Diese Schlacht war jedoch auch in Frankfurt geschlagen, als Jakob Nussbaum 1919 den Vorsitz  im Frankfurter Künstlerbund übernahm,
der Nachfolgeorganisation der progressiven Freien Vereinigung Frankfurter Künstler von 1910.

An den radikalen Umbrüchen, wie sie die Malerei im 20. Jahrhundert erlebte, war Nussbaum nicht beteiligt. Zwar zeigt sich bei ihm das Bemühen um malerische Umsetzung von Erfühltem und Erlebtem, er bleibt jedoch in den Bahnen des malerischen Realismus und geht nicht bis zu dem Grad von Abstraktion, welcher
für die expressionistische Darstellungsform kennzeichnend ist, die nach der Jahrhundertwende
von der künstlerischen Avantgarde favorisiert wurde. Auch anderen zeitgenössischen Entwicklungen, so
etwa der sog. Neuen Sachlichkeit oder dem Konstruktivismus, nähert sich Nussbaum nur  in dem Maße, wie er sie seinem eigenen Stil integrieren und anpassen kann.