Fred Speier erzählt seiner Niederaulaer Begleiterin Heidi
Rößing:
„Unsere Eltern pflegten eine gute Nachbarschaft, meine
Mutter Bernhardine Speier nannte man im Dorf nur Berni.
Auch heute noch, wenn ich mich mit älteren Einwohnern
unterhalte, heißt es: 'Ach ja die Berni, an die erinnern wir
uns.' In den Wintermonaten traf sich unsere Mutter
gerne mit anderen Frauen und gemeinsam wurde bei
einem Tässchen Kaffee gehandarbeitet. Das war durchaus
kein Kränzchen nur jüdischer Frauen, nein, hier fand sich
zusammen, wer gerne ein wenig miteinander plauschen
wollte. Zum Sukkoth oder Laubhüttenfest, das, nachdem
die Ernte eingefahren ist, gefeiert wird, bekam unsere
Mutter von ihrer Freundin, Frau Hofmeister, immer
reichlich Spargelgrün zum schmücken der Hütte. Das
Dach ist das wichtigste an der Hütte, es muss soweit
offen bleiben, dass man den Himmel noch sehen kann
und darf nur mit Material gedeckt werden, das in der
Natur vorkommt. Wir bauten unsere Sukka auf dem Hof.
Das Fest beginnt am 15. Tischri nach dem jüdischen
Kalender und fällt in den Monat September oder Oktober
und dauert eine Woche. Zu dieser Jahreszeit war es
abends schon recht frisch im Freien und wenn wir im
Gedenken an die Kinder Israels im Ägyptenland eigentlich
7 Tage nur in unserer Hütte wohnen sollten (3. Buch
Mose 23, 42-43) erlaubten uns die Eltern an kalten und
regennassen Tagen im Hause zu übernachten. Das
Wahrzeichen von Sukkoth ist Freude und fröhlich feierten
wir bei schönem Herbstwetter in unserer Laubhütte, da
war auch die Übernachtung für uns Kinder unter freiem
Himmel ein Abenteuer.“
Die Feier des Laubhüttenfestes in einer
Darstellung von Moritz Oppenheim