Bereits aus dem Jahr 1930 sind dem
Schüler Siegfried die ersten
antisemitischen Äußerungen im
Gedächtnis geblieben. Damals
versuchte er standhaft
Diskriminierungen einfach zu
überhören. Er wollte etwas lernen und
ließ sich nicht provozieren. Aber es
war nicht einfach, die
Verunglimpfungen, auch von
Klassenkameraden, immer zu
ignorieren. Selbst bei einigen Lehrern
fehlte es an Toleranz. Lateinlehrer B.
stellte sich einmal in der Pause, als
Siegfried sein mit kräftigem Käse
belegtes Frühstücksbrot auspackte,
demonstrativ neben ihn, schnüffelte
kräftig hörbar und ließ sich dann
(sinngemäß) vernehmen: „Hier stinkt
es, das kommt wohl von dem
Judenstinker!“
Peinlich berührt von der schäbigen
Bemerkung des Lehrers schluckte er
die Demütigung stillschweigend
runter. Aber sein Selbstwertgefühl
schmolz allmählich dahin.
Er hoffte, wenn er eine Lehre anfängt,
geht er diesen Unannehmlichkeiten ein
Stück aus dem Weg. 1932 mit dem
‚Einjährigen’ verließ er das
Gymnasium.