Um ihre Kinder vor den stetig zunehmenden antijüdischen Angriffen
besser geschützt zu sehen, nutzten Adolf und Berni Speier die
Möglichkeit, ihre beiden Töchter Loni und Ilse im Jüdischen Waisenhaus
Röderbergweg 87 unterzubringen. Zumal hier auch eher ein Leben
getreu den religionsgesetzlichen Regeln des Judentums praktiziert
werden konnte. In seinem Buch "Jüdische Selbsthilfe unter dem
Nationalsozialismus beschreibt S. Adler-Rudel diese Situation. "Es war
eine seltsame Zeit, wo mitten in der feindlichen und barbarischen
Umgebung Inseln menschlicher Wärme und zielbewußten Handelns
entstanden, wo in jüdischen Schulen und Jugendklubs Kinder sich
glücklich fühlten, erfüllt mit Lebensmut und mit Begeisterung für
menschliche Werte und für das Judentum zugleich, wo zwischen den
gemeinsam Betroffenen und gemeinsam Handelnden ein menschlicher
Zusammenhang war wie nie zuvor."
In dem 1874 gegründeten Jüdischen
Waisenhaus (Foto oben rechts) sollten
die Kinder eine dem traditionellen
Judentum entsprechende Erziehung
erhalten. Es stand in engster
Verbindung mit der streng orthodoxen
Israelitischen Religionsgesellschaft. Das
Waisenhaus war für 75 Kinder
eingerichtet, beherbergte aber nach
der NS-Machtergreifung durch die
Aufnahme auch von Nichtwaisen eine
weit höhere Zahl. Vor allem nach den
Novemberpogromen 1938 wurde das
Heim eine Zufluchtstätte für Kinder,
deren Väter in Konzentrationslager
deportiert worden waren.
Die Fotos zeigen Kinder im Hof des
Jüdischen Waisenhauses im Jahr 1939
bzw. bei der Arbeit in der (koscheren)
Küche.