Über Adolf und Berni Speiers Deportation aus Frankfurt am 15. September 1942 nach Theresienstadt können
Details einem Bericht von Ferdinand Levi, der den Holocaust überlebte, entnommen werden. Diesem Bericht
zufolge wurden die für die Deportation vorgesehenen 1.378 Menschen aus Frankfurt zunächst in ein Sammellager
im Rechneigraben gebracht:
"Zwei Tage und zwei Nächte verbrachten wir in dem früheren Jüdischen Altersheim (...). Durch Beamte der Gestapo wurde
festgestellt, daß alle zum Transport bestimmten Personen zugegen waren. Diese Personen und ihr Gepäck
wurden dann scharf überprüft. Anwesend war auch je ein Gerichtsvollzieher, der im Auftrage des Regierungspräsidenten
den Ausbürgerungsbescheid zustellte, durch den das Vermögen zu Gunsten des Deutschen Reiches verfallen war. Auf
Lastwagen stehend oder auf unserem Bündel hockend wurden wir zu einem offenen Bahngeleise, nahe dem Osthafen,
befördert. Auf dem ganzen Weg wurden wir von einer johlenden Menge beschimpft und verhöhnt. 'Schlagt sie doch tot,
zu was die teuren Kohlen für den Transportzug!' Immer wieder diese Zurufe, offenbar einstudiert. Lange, lange standen
wir, bis endlich ein Zug eingetrudelt kam, (...) wir erreichten unser Ziel. Eine Anzahl Toter und einige, die sich unterwegs
das Leben nahmen."
Am 16. September 1942 kam der Transport in Theresienstadt an, es war der 9. Massentransport jüdischer Menschen
aus Frankfurt am Main. Der Recherche von Monica Kingreen entnehmen wir, dass im Juli 1944 bereits mehr als die
Hälfte der am 15. September 1942 aus Frankurt Deportierten in Theresienstadt verstorben war, 326 waren in die
Vernichtungslager, vor allem nach Auschwitz gebracht worden. Für Adolf Speier ist der 16. Oktober 1944 als Tag
seiner Ermordung amtlich registriert, als Sterbeort Auschwitz. Offenbar gehörte er zu den 333 des Transports vom
15. Sept. 1942, die im Juli 1944 noch lebten, dann aber in die Gaskammern von Auschwitz gehen mussten. Für seine
Frau Berni, die mit gr0ßer Wahrscheinlichkeit das gleiche Schicksal wie ihr Ehegatte erlitt, fehlt ein entsprechendes
Dokument.
Hanna Speier, die Schwester von Ilse-Judiths Vater, die nach ihrer Flucht aus Rotenburg in Hersfeld und Frankfurt
zusammen mit ihrem Bruder und dessen Frau gelebt hatte, musste auch deren Schicksal in Auschwitz teilen.
Die nach Theresienstadt deportierten Juden hatten zuvor zwangsweise einen „Heimeinkaufsvertrag“
abgeschlossen, der die Übertragung ihres gesamten Vermögens an die "Reichsvereinigung der Juden in
Deutschland" vorsah und als fiktive Gegenleistung die lebenslange Nutzung eines Heimplatzes in Theresienstadt
vorsah. Das von der Reichsvereinigung eingesammelte Vermögen wurde am Ende von der Gestapo beschlagnahmt.
(links) Ankunft in
Theresienstadt
(rechts) Eingangstor
zum KZ Auschwitz II-
Birkenau
(Zeichnungen von Alfred
Kantor)