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Projekt Marga Spiegel
Siegmund Rothschild war immer ein angesehener und geachteter Bürger des Ortes gewesen. Er gab sich der Hoffung vieler Juden hin, dass derartige Vorkommnisse sowie direkte persönliche Angriffe nur Einzeltaten besonders fanatischer Nationalsozialisten seien und der braune Spuk insgesamt ein schnelles Ende haben würde: Ach dieses Pack. Die haben doch schon bald abgewirtschaftet." Ein tödlicher Irrtum, wie sich herausstellen sollt.
Die Familie Rothschild war den örtlichen Nazis ein besonderer Dorn im Auge. Und es waren nicht nur die örtlichen Nationalsozialisten, welche die jüdischen Nachbarn bedrängten, sondern nach den Erinnerungen Marga Rothschild Spiegels auch [ehemalige] Kommunisten, welche sich nun teilweise in sogenannte „150%ige“ Nazis verwandelten. So beschreibt sie in ihren Erinnerungen einen Vorfall, welcher sich anlässlich der Märzwahlen 1933 zugetragen hatte: Nachdem einige von diesen ehemals „Roten“ im Hause Rothschild an einem der wenigen Radios des Ortes die Wahlen hatten verfolgen dürfen, schlugen sie in der Nacht ihren Gastgebern die
Schaufensterscheiben ein und schmierten Schmähparolen wie „Juden raus“ an die Wände, wie Nachbarn am nächsten Morgen bezeugten. Zu dieser Zeit kam es auch immer wieder zu Erpressungen jüdischer Geschäftsleute, so auch bei Siegmund Rothschild, welcher ebenfalls unter der drohenden SA-Präsenz offenen Rechnungen quittieren musste.
  
Siegmund Rothschild (1882-1938)