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Projekt Marga Spiegel
Marga Rothschild wollte nach dem Abitur studieren. Dies wurde ihr jedoch durch die Zeitumstände versagt. So bemühte sie sich nach Kräften, den Eltern im Geschäft zu helfen. Eines Tages zu Beginn der Nazizeit trug sie Rechnungen im Dorf aus. Als ich eine Rechnung bei einer Familie abgeben wollte, schrieen sie mich an: Mach, dass du vom Hof kommst, du verdammte Judensau!
Bei dieser Pöbelei sollte es nicht bleiben. Wenige Stunden später erschienen zwei SA-Männer mit dem Ortsgendarmen im Hause Rothschild und verhafteten sie. Dem Gendarmen Ru. war höchst unwohl dabei, wie Marga Rothschild Spiegel in ihren Erinnerungen berichtet, aber er musste sich den Nazigesellen beugen. Vor dem Haus wartete schon eine sensationsgierige Menge mit einem Schild, auf dem zu lesen war: Diese Judensau hat eine deutsche Familie beleidigt. Mit Trommeln und Trompeten wurde die junge Frau durch das ganze Dorf geführt, vielerorts gab es Bravorufe, und nur einige wenige hielten die Fensterläden aus Protest dicht verschlossen.
Marga Rothschild-Spiegels Elternhaus in Oberaula (ca. 1914). Aus dem Fenster (über dem Laden) schauen ihre Großeltern Juda und Fanny Rothschild geb. Katz.