Doch es kam für die ganze Familie noch
schlimmer: Siegmund Rothschild wurde im
Juni 1933 verhaftet und in das Gefängnis
nach Marburg gebracht. Am 6. Oktober des
Jahres wurde ihm vor dem dortigen
Landgericht der Prozess gemacht. Die
Anklage lautete auf Betrug,
Urkundenfälschung und Wucher. Die
Ziegenhainer Zeitung schrieb im Tenor der
Zeit dazu: Rothschild [...] ist Besitzer eines
großen
Baumaterialiengeschäfts und ging nach
Aussage des Amtsgerichtsrates Hoffmann –
der in seiner Zeugenaussage die Meinung der
Bevölkerung wiedergab - äußerst rigoros und
rücksichtslos gegen seine Kundschaft vor.
[...] So nutzte der Angeklagte mit Absicht die
Unerfahrenheit und Not der kleinen Leute
aus, um Geschäfte zu machen und zu
gewissem Zeitpunkt die der Kundschaft um
den Hals gelegte Schlinge zuzuziehen. Dabei
lebte er in so guten Vermögensverhältnissen,
dass er diese üble Geschäftemacherei gar
nicht nötig gehabt hätte. Damit wurden, wie
von Naziseite aus gewünscht, alle Stereotype
des „wucherischen Juden“ bedient.
Siegmund Rothschild wurde einem Jahr und
drei Monaten Gefängnis sowie 1500 RM
Geldstrafe verurteilt. Damit lag das Strafmaß
weit unter den vom Staatsanwalt geforderten
vier Jahren Haft.
Schwalmbote vom 15. Mai 1934