"Die einfachen Dorfjuden, die sich vom Viehhandel und
vom Hausierhandel ernährten, hatten einen
ungeheuren Respekt vor Gelehrsamkeit, so ungebildet
sie selbst waren. Dieser Respekt drückte sich auch in
dem Stolz aus, mit dem sie ihre Kinder in das
Gymnasium der benachbarten Kreisstadt Hersfeld
schickten, dessen Direktor übrigens der berühmte
Duden war, der Verfasser des in der ganzen Welt als
Standardwerk anerkannten deutschen Wörterbuches.
Gegen die Entscheidungen des „alten Lehrers", wie
mein Großvater zum Unterschied gegen meinen
Vater, seinen Nachfolger, genannt wurde, in
religiösen Fragen gab es keinen Widerspruch, aber
auch in anderen Gemeindeangelegenheiten und in
vielen privaten Dingen wurde sein Rat eingeholt. Ich
war sieben Jahre alt, als mein Großvater starb, aber
heute noch, nach 56 Jahren, sehe ich die riesige
Menschenmenge vor mir, die zum Leichenbegängnis
aus allen Dörfern der Umgebung herbeigeeilt war,
unter ihnen sehr viele Nichtjuden, die ebenso wie die
Juden dem „alten Lehrer" große Verehrung zollten."
Hier Bild von Klosterschule (vor dem
Neubau)
Das Gymnasium in Hersfeld, dessen Schüler
Samuel Spiro war.
Samuel Spiro in seinen
"Jugenderinnerungen aus
hessischen Judengemeinden":
(Bild oben) Das Hersfelder Gymnasium am Neumarkt im
Jahr 1876, das Samuel Spiro von 1896 bis 1899 besuchte.
Rechts im Bild das ehem. Waisenhaus, das 1906 durch das
spätere Hauptgebäude ersetzt wurde (Bild unten).