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Projekt Samuel Spiro
Samuel Spiro in seinen "Jugenderinnerungen aus hessischen Judengemeinden":
  
"Schenklengsfeld war ein Bauerndorf von etwa l200 Seelen, und die Juden machten etwa 20 Prozent der Bevölkerung aus. Die Beziehungen zwischen Juden und Christen waren freundschaftlich bis um die Mitte der neunziger Jahre, als die antisemitische Bewegung in Hessen einen starken Auftrieb nahm und sogar ein antisemitischer Abgeordneter für diesen Wahlbezirk in den deutschen Reichstag entsandt wurde. Bei den Wahlversammlungen ging es oft sehr stürmisch her, es kam auch zu Schlägereien zwischen Juden und Nichtjuden, aber nach den Wahlen herrschte wieder Ruhe im Dorfe, wenn auch die Beziehungen gespannter waren als früher. Mein Vater, der natürlich mit den übrigen Juden die Wahlversammlungen besuchte, hatte immer einen Knotenstock bei sich."

  
Mit Parolen wie "Die Juden sind unser Unglück" schafften es die Antisemiten im Wahlkreis Hersfeld-Hünfeld-Rotenburg bei der Reichstagswahl 1893 das Mandat zu erobern, das bis 1918 in ihrer Hand blieb - in keinem anderen  Wahlkreis hatten die Antisemiten solche Wahlerfolge.
Ludwig Werner, antisemitischer Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Hersfeld-Hünfeld-Rotenburg 1893-1918