"Hersfeld war damals eine Hochburg des
Antisemitismus. Es war die typische .Stadt
der kleinen Spießbürger, für die Antisemit zu
sein, zum guten Ton gehörte. Auch im
Gymnasium spürte man diese antisemitische
Atmosphäre auf Schritt und Tritt, weniger bei
den Lehrern, die im allgemeinen die jüdischen
Schüler ohne Voreingenommenheit
behandelten, als vielmehr bei den Schülern,
die ihren jüdischen Klassenkameraden
gegenüber sich roh und abweisend benahmen.
Der Direktor des Gymnasiums, der berühmte
Duden, ein hochgelehrter Mann, galt
allgemein als Antisemit, trat aber politisch nicht
hervor. Den jüdischen Schülern gegenüber
verhielt er sich korrekt.
In Hersfeld bestand eine jüdische Gemeinde,
die sich durch Zuzug aus den
umliegenden Dörfern dauernd vergrößerte.
Damals setzte die Landflucht der hessischen
Juden ein, und viele ehemals und noch in
meiner Jugend blühenden Landgemeinden
lösten sich durch den Drang nach den Städten
allmählich auf.
Samuel Spiro in
seinen
"Jugenderinnerungen
aus hessischen
Judengemeinden":
(rechts)
Konrad Duden (1829 -1911),
der Nation durch sein 1880
verfasstes
Rechtschreibwörterbuch ein
Begriff, wurde von Samuel
Spiro als Antisemit
wahrgenommen. Duden war
von 1876 - 1905 Direktor des
Hersfelder Gymnasiums (Bild
unten), an dem Samuel Spiro
von 1896 bis 1899 Schüler
war.