Gertrude Kraus,
die aus einem großen Bauernhof in Großenbach stammte, erinnert sich noch gut an das Geschäft
Strauss. Ihre Familie stellte auf dem Hof neben anderen Produkten auch größere Mengen
Kochkäse zur Vermarktung her. Es war eine von Gertrudes Aufgaben, den Kochkäse zum Verkauf
nach Hünfeld zu bringen. So belieferte sie regelmäßig auch die Lebensmittelhandlung Strauss:
Ich brachte am Freitag Morgen so einen großen Topf mit 5-6 Pfund Kochkäse
in das Geschäft von Joseph Strauss, und die verkauften das dann halbpfund-
oder pfundweise an ihre Kunden. Damals war es ja noch gang und gäbe, die
Milch auf dem Hof selbst zu verarbeiten, obwohl es auch schon die Molkerei in
Hünfeld gab. Verkauft wurden in dem Laden hauptsächlich Lebensmittel - ja
auch Heringe, Kaffee, alles. Ob sie auch Kaffee geröstet haben, weiß ich nicht
mehr. Im Keller war eine große Luke, da wurden die Ölfässer runtergerollt in
den Keller, wo die Vorräte lagen. Der ganze südliche Stadtteil ging beim
Strauss einkaufen, kein Mensch hatte da Bedenken. Bis wann ich den Koch-käse dorthin brachte? Ich weiß, dass ich 1938, als die Synagoge gebrannt hat,
noch von Straussens aus durch die Gartenstraße, am Bahnhof entlang, hinten
raus bin zu meiner Schwester. (Da war der Laden bereits in "arischer" Hand)
Die wohnte in der Hersfelder Straße, und ich kam am Synagogenbrand vorbei,
da qualmte es noch. Aber dann durften wir keinen Käse mehr liefern, keine
Butter, keine Eier, das wurde dann alles staatlich verwaltet. Die Milch musste in
die Molkerei gegeben werden, und da war das Beliefern nicht mehr möglich.