Joseph Strauss war ehrlich und gesetzestreu
Mein Vater war doch Finanzbeamter, und da war es ihm streng verboten, Auskünfte
zu geben, auch schon vor der NS-Zeit. Aber er drückte in einem Fall mal ein Auge
zu: Dem Strausse Joseph hat er die Steuererklärung gemacht. “Wenn einer den
Staat bescheißen kann, da ist keiner dabei, der das nicht macht, mit einer Aus-nahme: Der Joseph." Das konnte mein Vater sagen, denn erstens war er Fach-mann, zweitens hat er dem Joseph ja die Steuererklärung gemacht.
Der Joseph war sehr gesetzestreu. Wenn die Juden Pessach feierten, da durften
sie doch keine Waren mit gesäuertem Mehl im Haus haben, keinen Gries und was
weiß ich, und das wurde auch in der Zeit nicht verkauft. Da kam das alles in das
Lager, die frühere Garage, die so abseits stand. Und mein Vater hat den Raum mit
Inhalt gekauft, per Vertrag, 20 Mark oder so hat er bezahlt. Wenn dann die
Feiertage rum waren, ging der Vertrag zurück, er bekam die 20 Mark, die Waren
kamen wieder in den Laden, und damit war das Gesetz erfüllt.
Der Joseph hatte auch viel Sinn für Humor
Wenn da manchmal so Geschichten im Laden passierten, dann kam er immer an
und sagte: “Ich muss Euch mal was erzählen”. Zum Beispiel: Da kam so ein
Bauersjüngchen in den Laden und verlangte: Für zah Pfennig Zockerstei, ich well a
wink suckeln. Oder: Ein Bauer, den sie beliefert hatten mit 1 Zentner grüne Erbsen
-die kosteten soundsoviel- und gelbe dito -soundsoviel. Da kam der Bauer und hat
gesagt: Also, gale dito kenn ich net, die hon ich au net bestält.