Nur über eine Intervention der landgräflichen Regierung war es Leiser
Wertheim 1824 gelungen, vom Rotenburger Stadtrat eine
Heiratsgenehmigung und die Zulassung als Schnittwarenhändler zu
bekommen.
Wie sehr sich in jenen Jahren eine Abwehrfront gegen jüdische
Stadtbewohner gebildet hatte, verdeutlicht die aggressive
Stellungnahme des Rotenburger Magistrats vom 28. August 1824: "Die
Juden sind bekanntlich bei ihrem faulen Schacherleben zur
unverhältnismäßigen Fortpflanzung im höchsten Grade geneigt und
geeignet, indem sie größtenteils ihre Weiber nur für Putz und Wollust
halten!"
Leiser Wertheim hatte seinen am 29. August 1824 vorgelegten
Widerspruch u. a. damit begründet, dass es in Rotenburg keine
Kaufmannsgilde gäbe und ihm daher die Konzession für ein
Handelsgeschäft nicht verweigert werden dürfe.
Vor allem aber führte er das persönliche Interesse eines
Magistratsmitglieds als Grund für die Ablehnung seines Gesuchs an.
Leiser Wertheim scheute sich nicht, massive Anschuldigungen gegen
den Rotenburger Ratsherrn zu formulieren:
"Leider zu bekannt ist es nemlich, daß jener Mann, welcher neben
einer bedeutenden Oeconomie einen starken Spezerey-, Leinen-,
Eisen- und Holzhandel treibt, troz seiner großen Wohlhabenheit so von
Habsucht durchdrungen ist, daß er keinem seiner Nebenmenschen das
Brod gönnt."