Leopold Neuhaus, Sohn von
Moses Neuhaus, Handelsmann, Nr. 53 ½, 1936 Schuhmacher
1972 Braacher Str. 10 (Katharina Hödl)
Eidesstattliche Erklärung v. 9.5.1955:
Leopold Neuhaus, 12.11.83 in B., 838 Riverside Drive, Apt. 4 F,
New York 32
Frau: Sara
Eltern: Moses u. Jettchen N., geb. Blach
Volksschule in B., anschließend Handelsschule in Göttingen
Erlernte die Manufakturwarenbranche bei der Firma Loe/öwenstein
Söhne in G.
Wanderte 1904 Upington (British South Africa) aus, wo er sich
selbständig machte
Wurde 1914 als deutscher Staatsbürger von den Engländern
interniert, erst im Mai 1919 erlangte er wieder die Freiheit
Ließ sich im Herbst 1919 in Baumbach nieder u. eröffnete
Manufakturwarengeschäft, das er bis zu der Novemberaktion 1938
führte (u.a. 3 Kasseler Lieferanten)
Er versah das Reisegeschäft, während meine Frau im Lager
arbeitete und die Kunden im Laden bediente.
In B. setzte der Boycott gegen die Juden am 1. April 1933 ein und
verstärkte sich zusehends. Die Fenster meines Hauses wurden am
1. April 1933 eingeschlagen, ähnliche Vorfälle wiederholten sich.
Im Jahre 1933 hat mein Einkommen wahrscheinlich nicht mehr als
die Hälfte betragen. Von 1934 an habe ich bereits von meinen
Ersparnissen leben müssen. Am 10. November wurde ich verhaftet
und in das KZ Buchenwald eingeliefert. Meiner Erinnerung nach
bin ich erst am 15. Dez. 1938 aus Buchenwald entlassen worden.
Dann gleich nach Kassel, im März 1940 mit Frau und 9
Überseekisten von Genua mit Dampfer Manhattan der United
States Lines nach NY für 418 Dollar + 68 für Kisten, vorher Visa
in Stuttgart geholt
1. Anstellung 1943 als Fahrstuhlführer, ähnliche
Anstellungen bis April 51
Erhält 22.049 DM Kapitalentschädigung nach BEG + 2.211 DM
für Auswanderungskosten
7.6.56: Überfahrt hatten Sohn Ludwig N. u Tochter Margarete
Minna Greilsheimer (New York), geb. 24.5.21 in Baumbach,
bezahlt (ca. 400 Dollar)
Braacher Straße 10
(ehemals Haus Nr. 52 bzw. 53 1/2)
Grabstein Leib/Löw Neuhaus (1807- 1867)
( auf dem jüdischen Friedhof in Rotenburg)
Hier ruht
der geachtete Jehuda, genannt Löw Neuhaus.
Ein Mann mit einem guten Ruf, der Sohn des ehrwürdigen Herrn
Moses.
(...)
Seine Seele sei eingebunden im Bunde des Lebens.
Grabstein Fradchen Neuhaus (1813 - 1863)
( auf dem jüdischen Friedhof in Rotenburg)
Hier ruht
Frau Fradchen, Ehefrau des ehrwürdigen Jehuda ha-Levi, genannt
Herr Löw.
Sie starb in gutem Ruf (...) Sie war sittsam und anmutig in ihrem
Sprechen.
(...)
Ihre Seele sei eingebunden im Bunde des Lebens.
Löw (genannt Leib) Neuhaus war Schumachermeister.
Er war ein Sohn des Moses ha-Levi, der 1808 den Familiennamen
Neuhaus angenommen hatte.
Sein jüngerer Bruder Isaak Neuhaus bewohnte das Haus Braacher
Str. 13.
Löw/Leib Neuhaus’ Sohn Geisel (geb. 1.1. 1846) erlernte - wie
sein Vater - den Beruf des Schuhmachers.
Geisel Neuhaus heiratete am 9.4.1872 Gidchen Wallach (geb.
8.1.1848).
Isaak Neuhaus’ Sohn Isaak (genannt Itzig) heiratete 1877
Jettchen Blumenthal.
Bis zur sog. Kristallnacht im November 1938 bewohnte Leopold
Neuhaus mit seiner eigenen Familie und der seines Vaters/ und
seinem Vater/ und seinen Eltern Moses Neuhaus (Handelsmann
bzw. Schuhmacher als offizielle Berufsangabe) und Frau Jettchen,
geb. Blach.
Nach der Volksschule in Baumbach hatte Leopold Neuhaus die
Handelsschule in Göttingen besucht und eine kaufmännische Lehre
bei der Firma Löwenstein&Söhne (Manufakturwaren) absoviert.
1904 war er nach Südafrika ausgewandert und hatte sich in der
Stadt Upington selbständig gemacht. Bei Ausbruch des Ersten
Weltkriegs
1914 wurde er als deutscher Staatsbürger von den Engländern
interniert, erst im Mai 1919 erlangte er wieder die Freiheit. Im
Herbst 1919 eröffnete er in Baumbach ein
Manufakturwarengeschäft, das er bis zu den Novemberpogromen
1938 führte. Er selbst verkaufte seine Waren im Reisegeschäft,
während seine Frau Sara im Lager des Geschäftes arbeitete und die
Kunden im Laden bediente.
In einer eidesstattlichen Erklärung vom 9.Oktober 1955 berichtete
Leopold Neuhaus:
„In Baumbach setzte der Boycott gegen die Juden am 1. April
1933 ein und verstärkte sich zusehends. Die Fenster meines
Hauses wurden am 1. April 1933 eingeschlagen, ähnliche Vorfälle
wiederholten sich. Im Jahre 1933 hat mein Einkommen
wahrscheinlich nicht mehr als die Hälfte betragen. Von 1934 an
habe ich bereits von meinen Ersparnissen leben müssen. Am 10.
November wurde ich verhaftet und in das KZ Buchenwald
eingeliefert. Meiner Erinnerung nach bin ich erst am 15. Dez. 1938
aus Buchenwald entlassen worden.“
Unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem KZ Buchenwald
flüchtete Leopold Neuhaus mit seiner Frau nach Kassel, wo er bis
März 1940 blieb. Nachdem er sich vorher in Stuttgart Visa für die
Einreise in die USA geholt hatte, bestieg er mit Frau und 9
Überseekisten in Genua den Dampfer Manhattan der United States
Lines nach New York für 418 Dollar für die Tickets für sich und
seine Frau und 68 Dollar für die 9 Überseekisten. Die Überfahrt in
die USA 1940 hatten Sohn Ludwig und die Tochter Margarete.
Eine feste Anstellung erhielt er erst 1943, und zwar als
Fahrstuhlführer.
Leopold und Sara Neuhaus wohnten in den 1950er Jahren in New
York (Adresse: 838 Riverside Drive, Apt. 4 F, New York 32).