Isaak Oppenheim |
Hier ruht
Ein aufrechter Mann, der gerecht handelte G´ttesfürchtig all seine Tage Yitzhak Sohn von David Gestorben in gutem hohen Alter Am 7. Elul, dem heiligen Sabbath 5673 Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens Isaak Oppenheim, Bebra Geboren 1848 Gestorben 8. September 1913
H. L.
an innocent man of just actions G-d fearing all his days Yitzhak son of David died in good old age on 7 Elul the holy Sabbath 5673 may his soul be bound in the knot of life Isaac Oppenheim Bebra born 1848 died 8 September 1913
p. n.
ish tam pa'al tzedek y'reh elohim kol yamav Yitzhak bar David met b'seiva tova b'yom zayin elul Shabbat kodesh taf-resh-ayin-gimel l'prat. tantzeva |
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Isaak Oppenheim war in den 1870er Jahren von Iba nach Bebra gezogen. Im Haus Nürnberger Straße 36 (seit ca. 1970 Wäscherei Sauer) betrieb er einen Handel mit Mehl- und Getreide, der von seinem Sohn bis 1938 weitergeführt wurde. Seine Tochter Bertha war noch am 13. Juni 1875 in Iba geboren, sein Sohn Adolph kam am 30. April 1877 in Bebra zur Welt. Der am 15. Januar 1879 geborene Salomon ist wohl mit Selmar identisch. Neben Siegfried und Friedrich war Selmar in jenen Jahren einer der Vornamen, die anstelle des zunächst gewählten Namens Salomon geführt wurden.
Isaak Oppenheim hatte 1869 Ricke (Friederike/ Fredchen) Hammerschlag aus Harmuthsachsen geheiratet, sie war die Tochter von Isaak Hammerschlag und Hannchen Freudenberg. Ricke Oppenheim starb in Bebra am 12. März 1919. (Grab Nr. 82)
Im Bebraer Volksmund sprach man von der Familie als die „Ibsche Jeere“ (= Ibaer Juden).
Das Haus Nürnberger Straße 36 wurde Ende 1938 von der Familie Führer erworben, die hier einen Obst- und Gemüsehandel betrieb. Im Rahmen der Stadtsanierung in den 1970er Jahren wurde hier ein modernes Geschäftshaus errichtet, in dem die Hersfelder Firma Sauer seitdem eine Wäscherei betreibt.
Isaak Oppenheims Sohn Salomon/ Selmar (geb. 15. Jan. 1879) heiratete Johanna Rosenstock (geb. 25. Febr. 1887) aus Eiterfeld. Sie starb am 23. November 1954 in Amsterdam. Johannas Vater Abraham Rosenstock (1840-1903) hatte in Eiterfeld eine Gastwirtschaft betrieben. Ihre Mutter Minna stammte aus Erdmannrode. Selmar hatte das Hersfelder Gymnsium bis zur Mittlere Reife besucht und danach ein zweijähriges Volontariat in einem Frankfurter Getreidegeschäft absolviert, für das er nach seiner Ausbildung noch einige Jahre tätig war, ehe er seine Militärzeit ableistete. Als Unteroffizier kam er auf Drängen der Eltern nach Bebra zurück, weil er im Geschäft gebraucht wurde. ^
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bedeutete für Selmar Oppenheim eine mehrjährige Auszeit von seiner geschäftlichen Tätigkeit. Wie für über ein Dutzend anderer junger jüdischer Bebraner stand der Einsatz als Kaufmann und Händler zurück hinter dem Einsatz im Schützengraben.
Kriegsausbruch August 1914
Neben dem Handel mit Getreide, Mehl und Futtermitteln hatte die Familie ein Ladengeschäft mit sogenannten Kolonialwaren, das Selmars Frau Johanna führte, die auch die Buchhaltungsarbeiten für den Geschäftsbereich ihres Mannes erledigte. Mit der NS-Machtübernahme 1933 gingen die Umsätze soweit zurück, dass die Familie von der Vermögenssubstanz zehren musste. Die SA-Männer, die am 1. April 1933 vor ihrem Geschäft gestanden und potentielle Kunden verjagt hatten, waren richtungsweisend für die folgenden Jahre. Nach dem Krieg beklagte sich Johanna Oppenheim, dass die Firma für die wenigen Umsätze, die sie bis 1938 noch machte, vielfach auf unbezahlten Rechnungen sitzen blieb. Den zu Jahresbeginn 1938 gestarteten Versuch zum Eintreiben von Außenständen habe ihr Mann bald aufgeben müssen, nachdem man ihm die Einweisung in ein Lager androhte.
Selmars Sohn Alfred (geb. 29. Juli 1910) hatte sich durch kritische Äußerungen über Hitler den besonderen Zorn einiger Bebraer Nationalsozialisten zugezogen. Er selbst und seine Mutter berichteten nach dem Krieg von schweren Misshandlungen, die er unmittelbar nach Hitlers Machtübernahme durch einen Bebraer Friseur zu erleiden hatte, sodass er schon im Februar 1933 nach Frankreich flüchtete:
„Nachdem ich von meinen Eltern Bericht hatte, dass keine augenblickliche Gefahr wäre und sie es gern sehen würden, dass ich nach Hause zurückkehre, habe ich mich bangen Herzens entschlossen, im März 1934 nach Deutschland zurückzukehren. In den ersten Wochen nach meiner Rückkehr nach Bebra lebte ich vollkommen isoliert im elterlichen Hause und nur langsam begab ich mich wieder in die Öffentlichkeit.“
So Alfred Oppenheim am 21. Juni 1954.
Im November 1935 hatten die Oppenheims die Geheime Staatspolizei (Gestapo) im Haus, nachdem man sie zum wiederholten Male denunziert hatte. Daraufhin entschloss sich Alfred zur endgültigen Flucht aus Deutschland. Zusammen mit seiner Freundin Helga Stern (1913-1992) aus Abterode fand er in Amsterdam eine Unterkunft, wo die beiden 1936 heirateten. Den dort nach einigen Wochen von einer jüdischen Firma bereitgestellten Arbeitsplatz verlor er jedoch im Mai 1940, als das Unternehmen unmittelbar nach dem Einmarsch der deutschen Truppen schließen musste.
Inzwischen waren auch Selmar und Johanna Oppenheim, seine Eltern, und Sigmund und Rosa Stern, seine Schwiegereltern, in Amsterdam gelandet. Selmar und Johanna Oppenheim waren am 14. Oktober 1938 aus Bebra geflüchtet und hatten in Bonn , von wo sie ihr Sohn Alfred 1939 nach Holland holte, eine zwischenzeitliche Bleibe gefunden. Johanna Oppenheim dazu am 21. Juni 1954:
„Mein Mann und ich (...) haben zu dieser Zeit unseren Wohnsitz Bebra aufgeben müssen, nachdem die antisemitischen Exzesse für uns dort untragbar geworden sind und außerdem mein Mann keine Ruhe vor der Gestapo hatte. (...) Ich kann versichern, dass mein Mann und ich noch vor dem Termin 31.12.37 in Bebra unter haftähnlichen oder menschenunwürdigen Bedingungen gelebt haben. Wir waren zu dieser Zeit Freiwild.“
Von dem, was sich im November 1938 in ihrer Heimatstadt abspielte, hatten Selmar und Johanna Oppenheim bereits vor ihrer Abreise im Oktober einen Vorgeschmack bekommen. Fensterscheiben ihres Hauses, das sie im Mai 1938 an einen Bebraer Einzelhändler verkauft hatten, in dem sie aber zunächst noch mietfrei wohnen konnten, waren bis zu diesem Zeitpunkt mehrfach zertrümmert worden.
Am 7. Juli 1942 sollte Alfred Oppenheim mit Ehefrau Helga und der am 29. Oktober 1938 geborenen Tochter Insa den Weg ins holländische Sammellager antreten, um in die Vernichtungslager deportiert zu werden. Er hatte jedoch eine Adresse gefunden, wo der er und seine Familie untertauchen konnten, nämlich im Haus des Bücherrevisors B. Breijnaarts im Amsterdam benachbarten `s-Hertogenbosch. Auch seine Eltern und Schwiegereltern nahm Alfred Oppenheim mit ins Versteck. Holländische Freunde beschafften die Unterhaltskosten, die erheblich waren, da es für die Untergetauchten keine Lebensmittelkarten gab und das Benötigte sehr teuer auf dem Schwarzen Markt besorgt werden musste. Bis September 1942 blieben Alfred, Helga und Insa Oppenheims in diesem Versteck, aus dem sie allerdings bei drohenden Razzien in einem nahe gelegenen Wald Zuflucht suchten, manchmal für mehrere Tage und Nächte. Auch seine in der Gegend wohnenden Verwandten spannte ihr Wohltäter in sein Rettungswerk ein, regelmäßig galt dies für die Familie J. v. Oers in Teteringen bei Breda. Im Wechsel mit einem Unterschlupf bei der Familie de Maar im Haus Von der Veldestraße 4 in Amsterdam und den Breijnaarts in `s-Hertogenbosch war hier das Oppenheimsche Versteck bis zur Kapitulation der deutschen Besatzungstruppen im Mai 1945. Alfreds Vater Selmar Oppenheim überstand das qualvolle und nervenzerreibende Leben im Untergrund nur für anderthalb Jahre. Am 22. Dezember 1943 starb er im Haus der Familie de Maar, in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember 1943 wurde er in Decken eingehüllt und ohne Sarg im Garten der ihn bis dahin beherbergenden Familie begraben. Im Herbst 1945 wurde der Leichnam ausgegraben und auf den Jüdischen Friedhof in Apeldoorn überführt. Selmar Oppenheims Frau Johanna verschied am 23. November1954 in Amsterdam.
Selmar Oppenheims Schwester Johanna (geb. 27.02.1885) heiratete Manchen Rosenstock, die beiden schafften die Ausreise in die USA, Johanna starb in New York am 10. Januar 1972.
Am 11. Juni 1947 wurde Alfreds Sohn Steven geboren, dessen Sohn Irwin uns aus Amsterdam ersten Informationen über das Schicksal seiner Eltern und Großeltern lieferte.
Alfred Oppenheim, geboren am 29. Juli 1910, war Selmar und Johanna Oppenheims einziges Kind. Nach ersten Schuljahren in Bebra und Fortsetzung der Schullaufbahn am Hersfelder Gymnasium absolvierte er eine zweijährige kaufmännische Lehrzeit bei dem zum Karstadtkonzern gehörenden Bekleidungshaus Louis Rothschild in Hildesheim. Bei diesem Unternehmen war er weitere zwei Jahre tätig, als Abteilungsleiter in der Herrenabteilung. Danach arbeitete er als Reisevertreter für die Firma Glaser&Co. in Hannover. 1930 riefen die Eltern den inzwischen Zwanzigjährigen zurück nach Bebra, weil sie ihn im eigenen Betrieb brauchten, im Jahr darauf wurde er Teilhaber. Die Kontakte, die er durch den Getreide- und Futtermittelhandel zu seiner bäuerlichen Kundschaft erworben hatte, nutzte der junge Unternehmer zur Ausweitung seiner Geschäftspalette. Durch die Übernahme der Generalvertretung für landwirtschaftliche Gerätschaften der Eisenwerke Brunner in Artern/ Sachsen verbreiterte er seinen geschäftlichen Tätigkeitsbereich erheblich. Neben An- und Verkauf von Getreide und Futtermitteln war Alfred Oppenheim jetzt auch Ansprechpartner für die Landwirte beim Kauf von Dämpfanlagen, Schrotmühlen, Jauchepumpen, Jauchefässern, Milchzentrifugen und ähnlichen Artikeln. Zur Ausweitung des Geschäftsbetriebs auf dieses Warenangebot sollte es jedoch nur noch ansatzweise kommen.