Hier ruht
Schmul Sohn des Benjamin
Halevi
Starb am 28. Cheschwan 5677
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens
Hier ruht
Siegfried Levi
geb. 15 Oktob. 1903
gest. 25 Novemb. 1916
(Siegfried Levi starb am 25. November 1916
im Alter von 13 Jahren, 1 Monat
Er war der Sohn von Kaufmann Wolf Levi und Jeanette Wallach.)
H. L.
Shmuel son of Benjamin
halevi
died 28 Heshvan 5676 [5677]
may his soul be bound in the knot of life
Here lies
Siegfried Levi
born 15 October 1903
died 25 November 1916
[There is a mistake in the Hebrew date, assuming the German one is correct;
the year should be taf-resh-ayin-zayin (5677), not taf-resh-ayin-vav (5676)]
[Siegfried Levi was theson of merchant Wolf Levi & Jeanette Wallach]
p. n.
Shmuel bar Benyamin
halevi
niftar kaf-het heshvan taf-resh-ayin-vav [zayin] l'prat.
Tantzeva
Hier ruht
Siegfried Levi
geb. 15 Oktob. 1903
gest. 25 Novemb. 1916
Siegfried Levi war der 1903 geborene, jüngste der drei Söhne von Benjamin Wolf Levi und seiner Frau Jeanette geb. Wallach aus Nesselröden. Der mittlere Bruder Julius war schon im zarten Alter von zwei Jahren am 2. Januar 1903 verstorben. Siegfrieds obeliskförmiger Grabstein ist die Nr. 64 auf dem Bebraer jüdischen Friedhof. Siegfrieds Vater Benjamin Wolf Levi, seit 1890 mit Jeanette Wallach aus Nesselröden verheiratet, erwarb in den 1890er Jahren das Haus Nürnberger Straße 54 (jetzt VR-Bank), in dem sie bis zur NS-Machtübernahme einen gut gehenden Warenhandel betrieben. Von 1925 bis zur NS-Machtübernahme 1933 war Benjamin Wolf Levi Vorstandsmitglied des Bebraer Bankvereins, eines 1908 gegründeten genossenschaftlichen Bankunternehmens.
Ihr Haus war eine der besonderen Zielscheiben bei den Pogromausschreitungen im November 1938. Zeitzeuge Rehs, Jahrgang , dessen Familie im Nachbarhaus wohnte: „
Siegfrieds 1897 geborener älterer Bruder Leopold hatte Ostern 1915 in Hersfeld das Abitur abgelegt und in Heidelberg Kunstgeschichte studiert. Dort lernte er die aus Eppingen stammende Martha Frank kennen, die er im Juni 1927 heiratete. Wegen mangelnder Möglichkeiten, seine im Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten beruflich zu verwerten, betätigte er sich im elterlichen Geschäft.
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Gütchen Levis 1862 geborener Sohn Benjamin Wolf Levi, seit 1890 mit Jeanette Wallach aus Nesselröden verheiratet, erwarb in den 1890er Jahren das Haus Nürnberger Straße 54 (jetzt VR-Bank), in dem sie bis zur NS-Machtübernahme einen gut gehenden Warenhandel betrieben. Von 1925 bis zur NS-Machtübernahme 1933 war Benjamin Wolf Levi Vorstandsmitglied des Bebraer Bankvereins, eines 1908 gegründeten genossenschaftlichen Bankunternehmens.
Das Haus Levi, Nürnberger Straße 54, war eine der besonderen Zielscheiben bei den Pogromausschreitungen im November 1938. Zeitzeuge Rehs, Jahrgang , dessen Familie im Nachbarhaus wohnte: „ ... da sind sie in den Goldenen Löwen gebracht worden. Da musste Leopold Levi "Die Fahne hoch" singen..."
Videoclip: Zeitzeuge Kurt Rehs über die Auschreitungen im November 1938.
Der älteste Sohn Leopold Levi hatte 1916 in Hersfeld das Abitur abgelegt und in Heidelberg Kunstgeschichte studiert. Dort lernte er die aus Eppingen stammende Martha Frank kennen, die er im Juni 1927 heiratete.
Leopold Levi und seine Frau Martha (linkes Foto)
Rechts: Martha
Frank Levi vor ihrer Verheiratung mit Leopold Levi
Wegen mangelnder Möglichkeiten, seine im Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten beruflich zu verwerten, betätigte er sich im elterlichen Geschäft. Ein damals jugendlicher Nachbar hat noch die langen Reihen von wertvollen Kunstbüchern auf den Levischen Bücherregalen vor Augen, die dann im November 1938 ein Opfer der Zerstörungen und Verwüstungen wurden.
Leopold Levi wurde am 10. November 1938 im Konzentrationslager Buchenwald eingekerkert Leopold Levis Frau Martha geb. Frank war durch die trostlose Lage überfordert, in ihrer Verzweiflung schnitt sie sich die Pulsadern auf, konnte aber vor dem sofortigen Tod bewahrt werden. Nach Leopolds Entlassung aus dem Konzentrationslager Buchenwald kehrte auch sie nach Bebra zurück, verlegte aber zu Jahresbeginn 1939 ihren Wohnsitz nach Mannheim. Sie hegten die Hoffnung, durch die Anonymität einer größeren Stadt sicherer zu leben. Der Umzug nach Mannheim war möglich geworden, weil Marthas Cousine Irene und Cousin Friedrich Schweizer eine Ausreisegenehmigung nach England gewährt worden war, sodass eine Wohnung in Mannheim, Große Merselstraße 7, frei wurde. Sie konnten nicht ahnen, dass sie mit dem Umzug nach Baden zu den ersten gehören würden, die man am 20. Oktober 1940 per Massendeportation fortschaffte, nämlich zusammen mit über 6.500 anderen badischen Juden ins Sammellager Gurs in den französischen Pyrenäen.
Von Gurs führte der Weg der beiden über die Zwischenstation Drancy bei Paris am 10. August 1942 mit dem Transport Nr. 17 in die Vernichtung nach Auschwitz. Für einige Monate hatten Leopold und Martha Levi sich in ihrer Mannheimer Zuflucht der Illusion hingeben können, das Schlimmste hinter sich gebracht zu haben. Wenngleich aus ihrer Bebraer Wohnung nur ein Bett und ein Stuhl unzerstört geblieben waren, so genossen sie in ihrer Mannheimer Wohnung die Dampfheizung und fließendes Warmwasser, was sie aus Bebra nicht kannten. Die Zeit in Mannheim war ausgefüllt mit dem Warten auf die ersehnten Visa, mit denen sie zu den in den USA lebenden Verwandten zu gelangen hofften.
Martha Frank Levi und
ihre Cousine Irene Schweizer
In einer Postkarte vom 25. April 1939 an Betty Levis Tochter Traudel in Jerusalem heißt es u. a.: „Leopold hat sich gut erholt, ist aber immer noch in ärztlicher Behandlung. Eure Mutter hat Euch wahrscheinlich geschrieben, dass wir uns um einen Aufenthalt in England bemühen. Wir sind geduldig und hoffen, dass sich das verwirklichen lässt. Irene und Friedel warten seit Januar auf die Genehmigung.“ Was für Irene und Friedel Schweizer wenige Wochen später möglich wurde, blieb Leopold und Martha verwehrt.
hintere Reihe, von links: Martha Frank Levi, Leopold Levi, Betty Frank Levi und Samuel Levi (Bettys im Juni 1938 verstorbener Ehemann)
Vordere Reihe: Traudel Levi (Betty und Samuel Levis Tochter, geb. 1914, 1936 nach Jerusalem, dort verheiratet mit Dr. med. Siegfried Karl Suesskind)
Siegfrieds Vater Wolf Benjamin Levi, der mit seiner Schwiegertochter Martha, deren Schwester Betty Levi und deren Mutter Sophie Frank am 12. November 1938 nach Eisenach geflüchtet war, schrieb von dort aus an die Bebraer Stadtverwaltung in der Hoffnung, dass diese von den in der Nacht vom 7. auf den 8. November geraubten persönlichen Wäsche- und Kleidungsstücken vielleicht etwas „in Verwahrung“ nahmen. Auf dem Grundstück Nürnberger Straße 54, so die Auskunft durch den zuständigen Ortspolizisten, wurden aber „nur Warenbestände sichergestellt“. Der interne Vermerk „Es besteht die Möglichkeit, dass die Sachen mit verbrannten“ bestätigt die mündlichen Schilderungen von Zeitzeugen, dass nämlich Einrichtungsgegenstände sowie Wäsche und Bekleidung aus jüdischen Häusern herausgeschafft wurden und auf dem Anger (damals Adolf-Hitler-Platz) verbrannt wurden.
Die Symbolik des Grabsteins zeigt diesen Toten als einen Nachkommen der Leviten, jener Männer, die ein Wasserbecken oder eine Wasserkanne als Zeichen ihres Dienstes auf ihren Grabmalen tragen. Leviten sind die Nachkommen aus dem Stamme Levi, die nach altem Brauch den Kohanim an den Festtagen das Wasser zum Übergießen der Hände reichen, wenn diese sich anschicken, der Gemeinde den Segen zu geben.