Samuel Levi, Gütchen Oppenheim Levis jüngster Sohn (geb. 1882), hatte 1913? die aus Eppingen stammende Betty Frank geheiratet, 1914 wurde deren Tochter Traudel geboren.
Betty Levi geb. Frank und ihr Ehemann Samuel Levi hatten Ende 1937 Bettys Mutter Sophie Frank aus Eppingen in ihrem Haus Apothekenstraße 10 aufgenommen. Dort erlebte Sophie in der Nacht vom 7. zum 8. November 1938 die schweren Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung, zwei Tage also vor der als „Kristallnacht“ bezeichneten reichsweiten Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938.
Betty Frank Levi
Sophies Enkel Werner Frank dazu: „Meine Großmutter war im Bett, als die Plünderer durch das Haus in der Apothekenstraße 10 tobten. Sie kamen in ihr Zimmer und schmissen den Kleiderschrank um und auf ihr Bett und jagten sie in Schrecken.“ Am 10. November, nach Leopold Levis Abtransport nach Buchenwald und nachdem man ihnen bedeutet hatte, Juden seien nicht länger am Ort erwünscht, entschloss sich Sophies Tochter Betty, im nahen Eisenach einen weniger unsicheren Aufenthaltsort für sich und ihre Mutter sowie ihre Schwester Martha, Leopolds Frau, zu suchen. Betty fuhr mit dem Zug nach Eisenach, wo sie in einer jüdischen Pension in der Georgenstraße 36 fündig wurde, die von einer Familie namens Stern betrieben wurde.
Die jüdische Pension Stern in Eisenach, Georgenstraße 36
Der in der Pension einquartierte damals 24-jährige Eli Reitmann war ihr behilflich, einen Taxifahrer zu finden, der die beiden in Bebra gebliebenen Frauen holte. In der folgenden Nacht geschah das Gleiche mit Betty Frank-Levis Schwager und Schwägerin Benjamin Wolf und Jeanette Levi. Auch in der Folgezeit war Eli Reitmann den aus Bebra Gefllüchteten eine große Hilfe. 1997, fast 60 Jahre später, nennt Eli Reitmann in einem Brief an Bettys Enkelsohn in Israel einige der Gründe, die ihn zu Bettys Beistand werden ließen. Zum einen habe ihr Betty Levi durch ihre Kontakte mit einer französischen Bank in Zürich zu einem Visum für Bolivien verholfen, das er aber nicht in Anspruch zu nehmen brauchte, da ihn auf anderem Wege die Ausreise nach England ermöglicht wurde. Betty habe ihn in vielfältiger Weise bei den Vorbereitungen für seine Ausreise unterstützt, auch mit Waren aus ihrem Geschäft. Der Brief, datiert 9. September 1997 schließt: „Betty kümmerte sich sehr um alle und fand die Zuneigung und die Achtung von allen. Für die meisten in der Pension war sie ‚Tante Betty’.“
Bei der 68-jährigen Sophie Frank führten die Novemberereignisse zu einem Nervenzusammenbruch, in dessen Folge sie sich am frühen Nachmittag des 12. November 1938 aus einem Fenster im 2. Stock der Pension Stern in der Georgenstraße in Eisenach stürzte. Von dem Pogrom, vor dem sie aus Bebra geflohen war, fühlte sie sich offenbar in den folgenden Tagen in Eisenach eingeholt. Diesen Schock überwand sie nicht. Sie wurde im Feld XXXII in der Grabreihe 101 der jüdischen Abteilung des Eisenacher Friedhofs bestattet.
Betty Levi kehrte am 22. Juli 1940 nach Bebra zurück, wo sie bei Clara Döllefeld im Haus An der Bebra 1 Aufnahme fand. Clara war die Schwester von Jenny Wallach, die Siegfried Süßkind aus Atzbach geheiratet hatte. Nach Bebra waren sie wohl gekommen, weil dort seit 1890 ihre Tante Jeanette, die Frau von Benjamin Wolf Levi und Mutter von Leopold Levi wohnte.
Betty Frank Levi (geb. 16.03.1892 in Eppingen - ermordet Juni 1942 in Sobibor)
Am 30. Mai 1942, dem Tag ihrer Deportation über Kassel ins Vernichtungslager Sobibor im Bezirk Lublin/ Ostpolen, schickte Betty (zusammen mit ihren noch in Bebra wohnenden Verwandten Jenny und Sally Süßkind) ein letztes Lebenszeichen an ihre seit 1936 in Jerusalem lebende Tochter und deren Ehemann Dr. med. Siegfried Süßkind:
„Leider seit Nov. (1941) ohne Nachricht, wir gesund, Ihr werdet länger ohne Nachricht von uns sein, da wir heute Bebra verlassen. Bleibt gesund. Herzliche Grüße Betty, Sally, Jenny“
Bild links: Traudel Levi 1932 als 18-Jährige
Bild rechts: Traudel Levi mit ihrem Ehemann Dr.med. Siegfried Karl Suesskind und zwei ihrer drei Kinder in Jerusalem in den 1950er Jahren