Amalie & Meier Rothfels |
Hier ruhen
Unsere lieben Eltern Amalie Rothfels geb. Wallach geb. 21. Juli 1857 – gest. 6. Mai 1935 Merla Tochter von Meier Meier Rothfels Kaufmann geb. 3. Nov. 1858 gest. 6. Mai 1935 Meier Sohn von Simon Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens (Amalie R. war die Tochter von Meier Wallach & Rebekka Oppenheim, Baumbach. Sie heiratete am 31.8.1881 Meier Rothfels, Sohn von Simon R. & Perle Biermann, Ronshausen.)
H. L.
our dear elders Amalie Rothfels nee Wallach born 21 July 1857-died 3 May 1935 Merla daughter of Meir Meier Rothfels merchant born 3 Nov. 1858-died 6 May 1935 Meir son of Shmuel May their souls be bound in the knot of life
Merla bat Meier
Meier bar Shimon tantzeva |
|
Das am linken Bildrand der beiden historischen Fotos sich andeutende Gebäude, Nürnberger Straße 58, war das Wohn- und Geschäftshaus Rothfels, in dem vor geraumer Zeit ein Spielpark eingerichtet wurde.
Nachdem mehrere Generationen Rothfels in Ronshausen ansässig gewesen waren, gingen Meier Rothfels und seine Frau Amalie mit ihren fünf Kindern 1894/95 nach Bebra. Dort kam im Verlauf des nächsten Jahrzehnts noch einmal die gleiche Zahl dazu. Das Geschäft im Haus Nürnberger Straße 58 entwickelte sich offensichtlich sehr gut, denn die gesamte Parterrefläche wurde in den 1930er Jahren als Verkaufsraum genutzt. Das Geschäft war aufgeteilt in eine Abteilung mit Stoffen, Strümpfen, Wäsche und Kurzwaren, in einem separaten Laden konnte man Damen- und Herrenkonfektion sowie Hüte und Mützen kaufen. Meier Rothfels hatte Amalie gen. Malchen Wallach aus Baumbach geheiratet. Zwei Söhne, Salli und Leopold, fielen als Frontsoldaten, sechs Kinder wurden Opfer des Holocaust: Julius (geb. 3. Febr. 1885), Bertha (geb. 16. Juni 1887), Ida (3. Juli 1891), Isidor (geb. 5. Febr. 1896), Roni (geb. 3. Mai 1898) und Theodor (geb. 5. März 1901). Max, das am 17. August 1903 geborene jüngste Kind, konnte durch Auswanderung nach Südafrika dem Schicksal seiner Geschwister entgehen.
Name |
geb. am |
gef. am |
militärische Einheit |
---|---|---|---|
Albert Apfel |
03.05.1893 |
01.05.1918 |
12/ Unteroffizier im Infanterie-Regiment 369 |
Sally Lindau |
07.04.1882 |
26.10.1917 |
11/ Reserve-Infanterie-Regiment 252 |
Arnold Oppenheim |
15.11.1891 |
07.04.1915 |
5/ Infanterie-Regiment 82 |
Moritz Oppenheim |
26.01.1887 |
13.09.1914 |
11/ Reserve-Infanterie-Regiment 71 |
Leopold Rothfels |
07.11.1893 |
06.10.1916 |
8/ Reserve-Infanterie-Regiment 37 |
Salli Rothfels | 24.02.1889 | 22.08.1914 |
Schon knapp drei Wochen nach Beginn des Ersten Weltkriegs waren die ersten Kriegsopfer aus unserer Region zu beklagen. Der Bebraer Jude Salli Rothfels, Meier und Amalie Rothfels’ 1889 geborener Sohn, war eines der allerersten. Sein Name steht an oberster Stelle in der chronologisch angelegten Namensliste auf dem Ehrenmal unterhalb der evangelischen Kirche in Bebra. Eingraviert in diesem Denkmal sind außerdem die Namen der Bebraer Juden Albert Apfel, Sally Lindau, Arnold Oppenheim, Martin Oppenheim, Moritz Oppenheim und der seines Bruders Leopold Rothfels. Er findet sich als letzter Eintrag in der linken Spalte der hier abgebildeten, restaurierten Denkmalstafel. Für die Schwerverwundeten Isidor Sommer und Siegfried Wertheim war der Krieg im Herbst 1914 zu Ende. Siegfried Abraham, Meier Döllefeld, Walter Katz, Fritz, Hugo und Theodor Oppenheim, Julius Rothfels, Gutmann Rülf und Meier Salomon komplettieren das Aufgebot der jüdischen Männer aus Bebra, die deutsche Soldatenuniform trugen. Militärdienst als Sanitätsmediziner leisteten die in Bebra geborenen bzw. dort praktizierenden Ärzte Dr. med. Albert Levi, Dr. med. Oppenheim und Dr. med. Fackenheim.
Zwei Söhne von Meier und Amalie Rothfels, Salli und Leopold, waren als Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg gefallen, sechs ihrer Kinder wurden Opfer des Holocaust: Julius (geb. 3. Febr. 1885), Bertha (geb. 16. Juni 1887), Ida (3. Juli 1891), Isidor (geb. 5. Febr. 1896), Roni (geb. 3. Mai 1898) und Theodor (geb. 5. März 1901). Sohn Max, geboren am 17. August 1903, das jüngste Kind, konnte durch Auswanderung nach Südafrika dem Schicksal seiner Geschwister entgehen. Er schaffte dies Ende Dezember 1938, wenige Wochen nach den Ausschreitungen gegen die noch am Ort verbliebenen jüdischen Familien. Seine Frau und seine 1933 geborene Tochter folgten ihm ein Jahr später. Sie hatten ihre Ausreise über Hamburg und ihren Neustart in Südafrika sorgfältig vorbereitet und bereits bei der Deutschen Südafrikalinie Laderaum gebucht, als der Kriegsausbruch im September 1939 ihre Pläne zunichte machte. Nur mit dem Allernötigsten ausgestattet, konnten sie sich eine Schiffspassage ab Venedig beschaffen; fast ihren gesamten Besitz mussten sie zurücklassen. Max Rothfels war es dann auch, der 1952 aus seiner neuen Heimat im südafrikanischen Swaziland Entschädigungsansprüche anmeldete. Über das, was seine Familie und die anderen Juden der Stadt im November 1938 erdulden mussten, berichtet er u. a.: „Am 7. November 1938 wurden in Bebra die jüdischen Geschäfte und Wohnungen geplündert, 2 Tage früher wie es sonst in Deutschland los ging. Die beiden Läden wurden vollkommen ausgeraubt und das Warenlager für ca. Mk. 18.000.- verschleppt und auf der Straße verbrannt. In der Küche wurde das Küchenbüffet, die Kredenz, Tisch und Stühle zerschlagen, das Geschirr wurde auf die Erde geworfen und zertrümmert. Man konnte nur auf Glas und Metallscherben treten, die später weggeschafft wurden. Im Wohnzimmer wurde genauso gehaust. Tische und Stühle wurden mit Äxten zerschlagen, 2 Schränke, 1 Schrankgrammophon und ein Vertiko wurden total zertrümmert, nebst dem wertvollen Inhalt an Wäsche, Kristall etc. Im Esszimmer wurde mit dem Eichenbüffet, der Kredenz, den 6 Stühlen, den Sesseln, dem Sofa u.s.w. in gleicher Weise verfahren. Ich schätze den Schaden in der Wohnung auf mindestens Mk. 12.000.“
Nach dem Tod der Eltern im Mai 1935 waren die beiden Söhne Isidor und Theodor als Firmeninhaber eingetragen worden, de facto geführt wurde laut Aussage von Max Rothfels das Geschäft aber von ihm und seinem älteren Bruder Julius. Max war außerdem als Provisionsvertreter für eine Schweinfurter Weinhandlung tätig. Einen speziellen Grund für den Niedergang des Geschäftes ab 1933 sieht Max darin, dass ihre Bebraer Kundschaft zu großen Teilen aus Bahnbeamten bestand, die die jüdischen Läden mieden, um ihre eigene Anstellung bei der Bahn nicht aufs Spiel zu setzen.
Max’ Bruder Isidor hoffte in der Anonymität der Großstadt Hamburg (dortige Adresse: Lange Reihe 108) weiteren Nachstellungen zu entgehen. Dies erwies sich jedoch als Trugschluss. Am 8. November 1941 wurde er von Hamburg aus in das Ghetto von Minsk in Weißrussland deportiert, am 15. Januar 1951 als verschollen und tot erklärt. Theodor und die beiden Schwestern Bertha und Roni hatten sich eine bessere Bleibe in Köln erhofft, ebenso vergebens wie ihr Bruder Isidor. Theodor und Bertha mussten 1941 den Weg in die Vernichtung im lettischen Riga antreten, Ronis Deportationszug führte im gelichen Jahr ins Ghetto von Lodz, wo sich ihre Spur verliert.
Das Schicksal von Meier und Amalie Rothfels’ Tochter Ida liegt weitgehend im Dunklen, Ida hatte mit ihrem Mann Julius Gelfand in Erfurt gelebt, der dem Holocaust entkam. Er ließ als Todesdatum seiner Frau den 9. Mai 1942 registrieren.
Julius Rothfels hatte die Bebraer Gastwirtstochter Else Fackenheim geheiratet. Die beiden verließen Bebra Mitte der 1930er Jahre. In Eisenach erhofften sie sich bessere Lebensbedingungen. Dort wohnten sie mit ihren Kindern Werner (geb. 27.9.1926) und Rosel (geb. 28.5.1929) in dem Haus Jakobsplan 7, ehe sie sich am 9. Mai 1942 mit 54 anderen Eisenacher Juden auf dem Grundstück Eisenacher Straße 48 zu ihrer letzten Reise einfinden mussten. Für die Deportation an diesem Tag waren alle unter 65 Jahre alten Juden der Stadt bestimmt worden Ihre „Reiseroute“ in die Vernichtung führte sie über Weimar und Leipzig in das Ghetto Belzyce südwestlich von Lublin in Ostpolen. In der Sammelstelle Leipzig war die Gesamtzahl der bei dieser Aktion Deportierten auf über 1000 angewachsen. „Es ist bis heute nicht bekannt“, schreibt Reinhold Brunner 2003 in seiner Geschichte der Eisenacher Juden „Von der Judengasse zur Karlstraße“, ob ein aus Eisenach seinerzeit Deportierter das Martyrium überlebt hat“. Brunners Publikation verdanken wir die folgenden Fotos von der Deportation aus Eisenach am 9. Mai 1942. Möglicherweise sind die Eheleute Julius und Elsa Rothfels mit ihren beiden Kindern Werner und Rosel auf einem dieser Fotos. Das Amtsgericht Eisenach stellte mit Rechtskraft vom 28. Juli 1952 den 31. Dezember 1942 als Zeitpunkt von deren Tod fest.
Die zur Deportation am 9. Mai 1942 bestimmten 58 Eisenacher Juden mussten sich im Garten des Hauses Goethestraße 48 versammeln und sich als Kolonne zum Abmarsch aufstellen.
Am helllichten Tag marschierten die 58 zur Deportation bestimmten jüdischen Menschen durch die Straßen Eisenachs, bepackt mit den wenigen Habseligkeiten, die man ihnen gelassen hatte.
Interessiert verfolgten „arische“ Eisenacher den erzwungenen Auszug ihrer jüdischen Nachbarn.
Im Eisenacher Bahnhof stand am 9. Mai 1942 abfahrbereit der Zug, der für 58 Eisenacher Juden die Fahrt in den Tod bedeutete, darunter auch die erst seit wenigen Jahren dort ansässigen Eheleute Julius und Elsa Rothfels aus Bebra mit ihren Kindern Werner und Rosel.