Salomon Abraham

H.L. (Hier liegt begraben)
Salomon Abraham
Ein ehrlicher und unschuldiger Mann
Shlomo, Sohn von Leib Abraham
Geboren am 19th von Adar 5632
Gestorben am 21 Elul 5702
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens

Hier ruht unser lieber Vater
Salomon Abraham
geb.am 12.3.1871, gest. am 3.9.1942
Betrauert von seinen Kindern

H. L.
an innocent and honest man
Shlomo son of Leib Abraham
born on the 19 th of Adar 5632
died on 21 Elul 5702
may his soul be bound in the knot of life

Here lies our dear father
Salomon Abraham
born 12-3-1871, died 3-9-1942
Mourned by his children

p. n. ish tam v'yashar reb Shlomo ben reb Leib l'bet Avraham nolad yud-tet adar taf-resh-lamed-alef niftar kaf-alef Elul taf-shin-bet tantzeva

Das Wohn- und Geschäftshaus Abraham, Nürnberger Straße 18 (jetzt Uhren-Becker), war einer der markanten Blickpunkten in Bebras Hauptgeschäftszeile, der Nürnberger Straße.
Die Brüder (Joseph,) Salomon und Siegfried Abraham betrieben hier eine Manufakturwarenhandlung. Siegfried schied 1920 aus dem Familienunternehmen aus und richtete im 1. Stock des Hauses Katz (Nürnberger Str. 24) ein Manufaktur- und Modewarengeschäft ein, das sich jedoch ausdrücklich nicht als Ladengeschäft verstand (vgl. Anzeige im Rotenburger Kreisblatt v. 17. Januar 1920).

Salomon Abraham und seine aus Tann stammende Frau Louise (geb. Höchster) lebten im Haus 18 in der Nürnberger Straße bis zum November 1942. Louise Abraham gehörte zu den letzten fünf jüdischen Bewohnern Bebras, die am 5. September 1942 über Kassel nach Theresienstadt deportiert wurden, Louise starb dort am 23.02.1943.  Ihrem Ehemann blieb das Deportationsschicksal erspart. Er steht zwar auf der Liste der zu Deportierenden, verstarb aber am 3. September 1942 und wurde auf dem jüdischen Friedhof begraben, obwohl dieser bereits seit 1936 nicht mehr für Begräbnisse genutzt werden durfte. Den am 13. März 1941 verstorbenen Hugo Oppenheim hatte man auf dem Hersfelder jüdischen Friedhof beerdigen müssen. Nach dem Krieg setzten Salomons Söhne Ludwig (geb. 12.09.1903), Siegfried (geb. 01.10.1903) und Dankmar (geb. 8.07.1906), denen die Flucht ins Ausland gelungen war, ihrem Vater auf dem jüdischen Friedhof in Bebra einen Gedenkstein. Tatsächlich begraben wurde er im September 1942 auf dem jüdischen Friedhof in Sontra- Diemerode. Der Jüdische Friedhof in Bebra durfte seit Mitte 1936 nicht mehr benutzt werden.


Nach den ersten Schuljahren in Bebra schickte die Familie den 1906 geborenen Dankmar, den jüngsten der drei Söhne, nach Augsburg zu einem Bruder der Mutter, um ihm dort den Besuch einer höheren Schule zu ermöglichen. Angestoßen worden war diese Überlegung durch die länger währende Abwesenheit des Vaters aufgrund des Fronteinsatzes im Ersten Weltkrieg. So konnte neben dem verbesserten Bildungsangebot für den Sohn auch der Mutter, der in diesen Jahren auch die Sorge um die beiden älteren Söhne oblag, Erziehungsarbeit abgenommen werden. Wegen finanzieller Engpässe musste das Vorhaben in Augsburg aber abgebrochen werden und Dankmar machte eine Ausbildung als Textilkaufmann. Sein beruflicher Weg in der Textilbranche führte ihn dann über Nordhausen/Thüringen nach Hamburg, wo er für Karstadt arbeitete. Das Jahr 1928 sah ihn dann wieder in Bebra, wo die Erkrankung des Vaters seine Mitarbeit im elterlichen Textilgeschäft erforderlich machte. Für seine körperliche und geistige Verfassung prägend wurde dann das, was er im Jahr 1934 in Bebra erleben musste, als die Juden des Ortes zu einer Versammlung ins Hotel Schlüter bestellt wurden, um dort per Unterschrift zu bestätigen, dass ihnen in Bebra kein Haar gekrümmt worden sei.

Hotel Schlüter
Hotel Schlüter, in das die Bebraer Juden 1934 zur Abgabe einer schriftlichen Erklärung betr. korrekte Behandlung kommen mussten

Schon beim Verlassen des Saales hätten sich uniformierte SA-Leute auf sie gestürzt und auf sie eingeschlagen. Seinem Bruder Siegfried, der ihn an Statur weit überrage, sei es gelungen, sich frei zu machen und wegzulaufen. Ihn selbst habe man jedoch niedergeschlagen und auch noch im Liegen getreten, ins Gesicht, an den Kopf und auch an den übrigen Körper. Anschließend seien die Opfer dringend davor gewarnt worden, von diesen Geschehnissen ins Ausland zu berichten. Die am Ort angesprochenen Ärzte hätten eine Behandlung bei Kasseler (jüdischen) Ärzten empfohlen, was er mit Beistand durch seinen Vater dann auch nach einigen Tagen Bettruhe geschafft habe. Bei seiner Beantragung von Entschädigungsleistungen nach dem Krieg konnte Dankmar Abraham Bestätigungen von den ihn damals behandelnden Ärzten vorlegen.

Ärztliche Bescheinigung
Bescheinigung vom 23.03.1960 von Dr. Theodor Kron in New York, der Dankmar Abraham von 1934 bis 1938 in Kassel ärztlich versorgte.
Ärztliche Bescheinigung Handschriftlich
Bescheinigung von Dr. S. Amster, New York, der Dankmar A. 1934 in Kassel behandelte: „Ich bescheinige hiermit, dass der verstorbene Dr. Fackenheim, seinerzeit Arzt in Kassel, mir Herrn Abraham im Jahre 1934 zusandte (überwies), weil er durch Angriff von S.A. oder SS-Leuten in Bebra körperliche Schädigungen (spes an seiner Haut) erlitten hatte. (Ich war im Jahre 1934 Haut-Arzt in Kassel.) Die Schädigungen zeigten sich im Gesicht als Haut-Abschürfungen und Schwellung der Nasengegend. Ebenso waren Blutergüsse sichtbar, an Kopf u. Armen, u. am ...

Am 6. Juli 1938 heiratete Dankmar Abraham die aus Großropperhausen bei Ziegenhain stammende Erna Moses (geb. 4. Mai 1906). Die beiden verließen Deutschland Ende August 1938. Ihre erste Station New York wurde ihre neue Heimat bis zu ihrem Ableben ein halbes Jahrhundert später. Dankmar Abraham starb in New York am 20. April 1887, seine Frau Erna am 14. April 1997. Sie hatten keine Kinder. Beruflich fiel es ihnen sehr schwer, wieder Fuß zu fassen. Dankmar Abraham versuchte sich als Nachtwächter, Bäckergehilfe, Packer, Pelznäher, Reisender etc. Sein Arbeitsverhältnis war aber ständig von Kündigung bedroht, weil seine begrenzte Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit allzu augenfällig war. In einem Gutachten der Universitätsnervenklinik in Marburg vom 22.08.1960 wird bestätigt, dass „zwischen den unmittelbar gegen den Verfolgten gerichteten nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen und dem Körper- und Gesundheitsschaden ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich ist und der entstandene Schaden die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit mindert bzw. in der Vergangenheit gemindert hat.“ Erna Abraham konnte ihre Arbeitsstelle langfristig beibehalten, bei allerdings sehr schlechter Entlohnung. Beider Leben in New York war geprägt von bitterster Armut und Entsagung. Dankmar Abraham

Salomon Abrahams ältester Sohn Ludwig (geb. 12. Sept. 1903) überlebte in Frankreich, im Juli 1959 wohnte er mit seiner Frau in der französischen Grenzstadt Forbach. Der zweite Sohn namens Siegfried (geb. 30. Sept. 1904) hatte Deutschland 1938 nach Lagerhaft im KZ verlassen und in England eine neue Heimat gefunden. Im Juli 1959 lebte er mi seiner Frau in London, das Ehepaar hatte ein Kind.

Stammbaum
Der Davidstern, besser: der Davidschild, der auf vielen jüdischen Friedhöfen vor allem bei jüngeren Grabsteinen anzutreffen ist, taucht in Bebra nur bei dem erst nach 1945 gesetzten Stein für den im September 1942 verstorbenen Salomon Abraham auf. Abgesehen von der für den Davidstern im Allgemeinen geltenden Bedeutung (Zeichen Davids, David als Erzvater des Messias), hat er vor allem eine magische Funktion. In neuerer Zeit wurde er als "Schild Davids" zum allgemeinen Symbol des Judentums. Das Hexagramm, der aus zwei ineinander verschachtelten Dreiecken aufgebaute Stern ist das Symbol des Zieles (das messianische Zeitalter) und zugleich des Weges dahin. Der Stern weist den Weg aus der irdischen, vergänglichen Welt in das ewige, messianische Zeitalter.