Isaak Katzenstein, ehemals Viehhändler und Makler in der
Amalienstraße, in den 1920er Jahren aus Rhina
zugezogen, schrieb am 3.12.1954: „Es kamen eine Menge
Menschen mit drohenden Gebärden und Reden in meine
Wohnung, die bis in mein Schlafzimmer vordrangen, in
welchem ich und meine Frau zu Bette lagen. Die
Eindringlinge wollten mich mitnehmen. Ich bekam jedoch
einen Ohnmachtsanfall. Daraufhin gingen sie in die Küche
und holten mehrere Eimer Wasser, die sie über mich
schmetterten. Meine Frau hatte im Stillen zu Gott
gebetet, dass sie nur kaltes und kein heißes Wasser über
mich schmettern möchten. Nachdem ich durch die heftige
Ohnmacht in einen körperlichen Zustand geraten war,
dass ich nicht gehen konnte, nahmen die Eindringlinge
meine Frau im Nachthemde mit. Erst nachdem
verschiedene Nachbarn ihnen heftige Vorwürfe gemacht
und ihnen zugerufen hatten „Welche Schande!“ ließen sie
schließlich meine Frau wieder frei. In meiner Wohnung sah
es fürchterlich aus. Alle Zimmer waren demoliert. Die
Matratzen und Federbetten des neuen Schlafzimmers
waren mit Messern zerschnitten. Dasselbe war mit der
Wäsche und den Kleidern geschehen. Ein Teil der
Gegenstände war auf die Straße geworfen. Sämtliche
Beleuchtungskörper waren zerschlagen, die Fenster und
Türen eingeschlagen, die Möbel - wenn nicht ganz
zerstört, so doch so stark beschädigt, dass sie fast
wertlos geworden waren.“
Isaak Katzenstein, in den 1920er Jahren mit
seiner Familie aus Rhina zugezogen,
wohnte in dem Haus am rechten Bildrand
(Amalienstraße 9). Auf der linken
Straßenseite ist die Synagoge zu sehen.
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