Zeugenaussage vom 29. Dez. 1945 gegenüber dem damaligen Bebraer Bürgermeister:
„Am 7.11.1938 etwa zwischen 23 und 24 Uhr wurde mein Mann aus einer Menge, die sich vor dem Hause Nürnberger Str. 58 (Gebrüder Rothfels), angesammelt hatte, aufgefordert, das Haus aufzuschließen. Da mein Mann dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde aus der Menge mit Steinen in unsere Wohnung geworfen. Gleichzeitig erbrach die Menge die Haustüre und stürmte die Wohnungen der Familie Rothfels und Siegfried Abraham. An der Tür des Ladens stehend, sah ich, wie der Siegfried Abraham auf dem Fußboden des Ladens in der Nähe der Küchentür lag und mehrere Leute versuchten ein Ladenregal mit Waren auf ihn zu stürzen. Folgende Personen habe ich erkannt und zwar (...). Etwa eine Stunde später kam eine Anzahl der Plünderer in meine Wohnung und verlangte die Herausgabe der jüdischen Personen, die sich angeblich in meiner Wohnung versteckt hätten. Die Eindringlinge waren bewaffnet mit Gummiknüppeln, Äxten und anderen Gegenständen. Als die Menge sich verzogen hatte, ging mein Mann und ich nach unten, um zu sehen, ob wir dem Abraham, der draußen auf dem Flur lag und um Hilfe rief, helfen konnten. Gemeinsam mit meinem Mann trug ich den mittlerweile besinnungslos gewordenen Juden in meine Wohnung und wir legten ihn auf das Sofa. Hier versuchten wir gemeinsam den Mann zur Besinnung zu bringen, dieses gelang uns aber nicht.“ (...)
Bezogen auf den weiteren Ablauf der Geschehnisse berichtete die Zeitzeugin: "Die abziehende Menge war betrunken. Die brennbaren Möbelteile wurden auf den ehemaligen Adolf-Hitler-Platz (jetzt: Am Anger) hingebracht, daselbst wurden noch aus anderen Judenhäusern die Sachen angefahren, am Abend unter Absingen von Liedern (Flamme empor) - gesungen von der Frauenschaft Bebra – verbrannt. Dieses habe ich von meinem Fenster aus mit angesehen und angehört.“


  
In dem  Haus Nürnberger Straße 58 (linke Bildhälfte) betrieb die aus Ronshausen stammende Familie Rothfels ein Textilgeschäft. 1938 wohnte dort auch der mit ihnen verschwägerte Siegfried Abraham.
Das Foto stammt aus dem Jahr 1935, es wurde beim Festzug anlässlichder Stadtwerdung Bebras gemacht.
Der jetzige Platz Am Anger hieß in der Zeit des Dritten Reiches Adolf-Hitler-Platz..
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Projekt: Vor aller Augen in Bebra und Umgebung