Ein Zeitzeuge, Jahrgang 1924, der im Nachbarhaus wohnte, 31 Jahre als Bauamtsleiter für die Stadt Bebra tätig, im Juni 2007:
„Leopold Levi studierte Kunstgeschichte. Er wohnte im Haus Nr. 54 in der 2. Etage mit seiner Frau Martha, einer sehr schönen Frau. Sein Vater Wolf Levi wohnte unten, auf der Ebene des Ladens. Das Geschäft in der Apothekenstraße 10 betrieb er gemeinsam mit seinem Bruder. Leopold Levi hatte Bücher noch und noch, die flogen in der Kristallnacht alle aus dem Fenster. Nicht nur die schönen Bücher, auch die Möbel, das Geschirr, die Einmachgläser. Es war die SA, die Bebraer SA, ich habe keinen Auswärtigen dabei gesehen, auch nicht die Herren von der Parteileitung, die fühlten sich dafür zu fein. Der letzte der SA-Leute ist vor sechs Jahren verstorben. Einer, der sich besonders eifrig beteiligte, war der Lehrer N., ich habe danach keine Achtung mehr vor ihm gehabt. So gegen 11 Uhr abends rief uns unsere Mutter ans Fenster herbei und ließ uns das mit ansehen. Einige Juden sind dann in den Goldenen Löwen gebracht worden. Da musste Leopold Levi ‚Die Fahne hoch’ singen (...)“
Als Kreisleiter Erich Braun (laut eigener Aussage vor der Spruchkammer 1947) zu später Stunde in den Goldenen Löwen kam, stand Leopold Levi "zitternd auf dem Tisch". Kreisleiter Braun: "Dieser Jude hatte Angst davor, dass man ihn mit einem Glas Schnaps, welches man ihm vorhielt, vergiften wollte." Der Kreisleiter nahm für sich in Anspruch, seinen ehemaligen Schulkameraden am Hersfelder Gymnasium dadurch beruhigt zu haben, dass er selbst einen Schluck aus dem Schnapsglas nahm und es dann an Leopold Levi zum Austrinken des Restes zurückgab.
Zu den groben körperlichen Mißhandlungen im Haus Rothfels in der Nürnberger Straße und Isaak Katzensteins Schwiegervater in der Amalienstraße 9 begegnen uns mit  Leopold Levi wie auch schon im Falle von Leopold Abraham (Lindenplatz 2) Beispiele, in denen die Übeltäter sich nicht mit der Zerstörung des Eigentums ihrer jüdischen Mitbürger zufrieden gaben, sondern sie auch noch demütigten und erniedrigten.


  
Nürnberger Straße 54: Wohn- und Geschäftshaus von Wolf Levi und Sohn Leopold (jetzt VR-Bank), eines der verwüsteten Objekte im Verlauf der Novemberpogrome in Bebra.
Auf dem Foto rechts in der 2. Reihe  als 2. von links:
Leopold Levi, links neben ihm seine Frau Martha geb. Frank, rechts von Leopold seine Tante Betty und sein Onkel Samuel Levi.
Klick: Video-Zeitzeugenbericht betr. November 1938
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Projekt: Vor aller Augen in Bebra und Umgebung