Mehr als zwei Jahrhunderte zurück weist die älteste noch heute sichtbare Spur der Juden in Rotenburg. An der Hinterfront des Hauses Breitenstraße 29 (auf den beiden Fotos jeweils das 2. Haus von links) befindet sich eine hebräische Balkeninschrift, die besagt, dass das Haus im Jahre 5525 (= 1765) von Moses Ben Eljakum erbaut oder umgebaut wurde. Die großen hebräischen Buchstaben MT (links) bedeuten masal tow (= Viel Glück). Zu dieser Zeit, d.h. Mitte des 18. Jahrhunderts, lebten in Rotenburg 27 jüdische Familien. Damit hatte Rotenburg die zweitgrößte jüdische Gemeinde in der gesamten Landgrafschaft Hessen noch vor Eschwege mit 25 jüdischen Familien. Nur in Abterode im Meißner (39 Familien) lebten innerhalb der Landgrafschaft Hessen mehr Juden als in Rotenburg. In der 1744 erstellten sog. Judenstättigkeit, einer Gesamtübersicht aller Juden in der Landgrafschaft Hessen, hatten die folgenden 27 jüdischen Familien ein amtlich verbürgtes Niederlassungsrecht. Nach der damaligen Sprachregelung besaßen sie den „landesherrlichen Schutz“, für den sie eine feste Gebühr („Schutzgeld“) zu zahlen hatten, und waren „bis zu anderwärter Verordnung geduldet“:
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Abterode, Rotenburg und Eschwege gehörten zum Gebiet der Rotenburger Quart, dem von 1627 bis 1834 teilselbständigen Viertel der Landgrafschaft Hessen. Dass jüdische Familien sich hier so zahlreich niederlassen konnten, lag vor allem daran, dass die Quartfürsten – stets knapp bei Kasse – ein reges Interesse an guten Steuerzahlern hatten. Der Schutzbrief mit dem Aufenthaltsrecht in der Landgrafschaft wurde zwar bei der landgräflichen Regierung in Kasel erworben, die jährlichen Steuerleistungen und Abgaben aber flossen in die Kasse der Quartregierung.
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