Gegenüber dem Rathaus steht die Jakobikirche, neben deren Kanzel von 1934 bis zum Einmarsch der Amerikaner im April 1945 der sog. Rotenburger Kirchenteppich hing.


Ausschnitt aus dem Wandteppich, der 1934 gestickt wurde.

Der 1934 unter Anleitung des JGS-Kunstlehrers und NS-Kreiskulturwarts Stein von der NS-Frauenschaft und Schülerinnen der Jakob-Grimm-Schule gestickte sog. Kirchenteppich hing von 1934 bis 1945 neben der Kanzel in der Jakobikirche. Er gilt als ein eindrucksvolles Beispiel für die Wirksamkeit der NS-Propaganda auf breite Bevölkerungsschichten.
Am 1. Mai 1935 – als „Tag der nationalen Arbeit“ seit 1933 offizieller Feiertag - traf sich die NS-Frauenschaft um 14.15 Uhr an der Rathaustreppe, wo der von ihr hergestellte monumentale Teppich öffentlich präsentiert wurde. Nachdem der Mai-Festzug an dem Stück vorbeigezogen war, nahmen die Frauen in der Jakobi-Kirche an dessen Übergabe an den Kirchenvorstand teil.
Die Rolle, welche der Kirche im Dritten Reich tatsächlich zugedacht war, wurde den Rotenburger „Volksgenossen“ im Rahmen einer „Großkundgebung“ am 20. August 1935 auf dem Marktplatz - wenige Wochen nach der öffentlichen Präsentation des Kirchenteppichs - unmissverständlich klar gemacht: „Die Kirche hat sich ausschließlich auf dem Gebiete der Seelsorge zu betätigen. Alle Bestrebungen der Kirche, politischen Einfluss zu erlangen, wird im deutschen Volk auf heftigen Widerstand stoßen.“ An die „Volksgenossen, die immer noch mit Juden Beziehungen haben und Geschäfte betreiben“ richtete der „Reichsredner“ die „deutliche Mahnung ... , dass der Nationalsozialismus die Judenfrage lösen wird und sich in seinem Kampf nicht irre machen lässt.“ Der Rotenburger Bürgermeister sah sich zur unmittelbaren Umsetzung dieser Drohung veranlasst („mit einem Appell an alle Städt. Arbeiter, Angestellte und Wohlfahrtsempfänger, ihre Beziehungen mit dem Juden zu lösen“).