Der hessische Landgraf Philipp hatte nach einem nur kurze Zeit aufrecht erhaltenen 
Ausweisungsbefehl aus dem Jahre 1524 doch bald wieder die Niederlassung von Juden 
in Hessen gestattet und dies 1532 mit der Bedingung verbunden, dass sie 
sich des Wuchers enthalten. Der Begriff Wucher bedeutete damals 
Zuwachs, nicht etwa eine unredliche Übervorteilung oder eine 
unangemessene Preis- oder Zinsforderung, sondern ganz schlicht das, was man heute 
als Zinsen für ausgeliehenes Kapital bzw. für gestundete Bezahlung von 
Waren bezeichnet.
Die von dem hessischen Landgrafen Philipp 1539 erlassene Judenordnung verpflichtete 
die Juden u. a. darauf
- ihren Glaubensbrüdern keine Lästerung von Christus und seiner Religion 
zu gestatten
- das Lehren des Talmud zu unterlassen
- keine neuen Synagogen zu bauen und die bereits vorhandenen mit aller Stille 
zu gebrauchen
- mit Christen nicht über religiöse Fragen zu sprechen
- besondere Predigten zwecks Bekehrung zu besuchen.
Kaufen und verkaufen wurde ihnen in dem Gesetzeswerk von 1539 ausdrücklich 
gestattet, aber nur in den Städten und Orten ohne Zünfte oder wo diese 
solches ausdrücklich erlaubten, wobei die Preise durch die Beamten, den Bürgermeister 
oder den Stadtrat festgesetzt werden sollten.
Weiterhin wurde den Juden unter Androhung der Todesstrafe der Ankauf oder die 
Pfandnahme von gestohlenem Gut verboten. Die gleiche Strafandrohung galt für 
den geschlechtlichen Verkehr mit christlichen Frauen.
Landgraf Philipps Sohn Wilhelm IV., der 1567 nach dem Tod seines Vaters die Linie 
Hessen-Kassel begründete und als der Weise in die Geschichtsbücher 
eingegangen ist, zeigte sich als Landesherr den Juden gegenüber allgemein 
wohlwollend. Beispielsweise verteidigte er sie gegenüber dem unsinnigen Vorwurf, 
dass sie Hostien missbrauchten. Auch bei der Neuaufnahme von Juden in hessische 
Orte zeigte sich Wilhelm IV. in der Regel großzügig. Die Bestimmungen 
der Judenordnung wurden unter seiner Herrschaft in einem vergleichsweise toleranten 
Geist gehandhabt.
Die von Landgraf Philipp durch die Judenordnung von 1539 aufgestellten rechtlichen 
Grundlagen für das Leben der Juden in Hessen-Kassel blieben im wesentlichen 
auch in den folgenden Jahrhunderten gültig, mit ihren Garantien ebenso wie 
mit ihren Beschränkungen.
BU:
  Titelblatt der von Landgraf Friedrich I. 1739 erlassenen Judenordnung. Sie unterscheidet 
  sich nur in Details von der Judenordnung Landgraf Philipps aus dem Jahr 1539