Seit
Beginn des Jahres 1930 wurde die nationalsozialistische Agitation durch das
in Kassel erscheinende Parteiorgan Hessische Volkswacht unterstützt, das
auch auf lokale Verhältnisse und Ereignisse einging. Dem emotionalen Appell
war jedoch die direkte Rede das am meisten entsprechende Medium; die Versammlungsrede
blieb der wesentliche Propagandaträger der Partei auch in den folgenden
Jahren. Die Einwohner der Kleinstgemeinde Solms (1933 = 150 Einwohner), die
im Anschluß an zwei Versammlungen im Frühjahr 1931 fast geschlossen
in die NSDAP eingetreten waren, beriefen sich nach 1945 vor der Spruchkammer
ohne Ausnahme auf den Eindruck der Versammlungsreden als Begründung für
ihren Parteieintritt. Bis zur Reichstagswahl im September 1930 wurden praktisch
sämtliche Gemeinden des Kreises durch Versammlungen erfaßt
Sämtliche Probleme wurden in der NS-Propaganda vereinfacht und auf Binsenweisheiten
zurückgeführt. Für die Nationalsozialisten gab es keine Nuancen,
sondern nur Gut oder Böse. Das Bestreben der Redner zielte darauf, die
anderen Parteien" mit allen Mitteln verächtlich zu machen; dabei bedienten
sie sich ausgesprochener Verbalinjurien. Die Handlungen der Regierungen wurden
nicht als falsch bekämpft, sondern als verbrecherisch gebrandmarkt. Die
bestehende Staatsordnung wurde als Inbegriff des Bösen hingestellt: "Wir
hassen diesen Staat bis aufs Blut, wir werden ihn beseitigen und wenn wir sterben
müssen. Wir machen Radau, Klamauk und Krach überall, damit dieser
Staat nicht zur Ruhe kommt und den Staatsmännern Hören und Sehen vergeht.".
Die Ankündigung "Juden haben keinen Zutritt" oder "Juden
Zutritt verboten" sollte jedem "Volksgenossen", der an der Veranstaltung
teilnahm, das Gefühl geben, ein Privilegierter zu sein.
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"Juden
haben keinen Zutritt"- so zu lesen auf der Einladung zur Wahlversammlung
der NSDAP im September 1930 - auch in Rotenburg hieß es: "Juden
haben keinen Zutritt" |
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