Weil
die Zahl der Konvertiten niedrig blieb, wurden die Judentaufen geradezu als
Werbeveranstaltungen zelebriert, als Nachweis der Überlegenheit des christlichen
Bekenntnisses gegenüber der jüdischen Religion.
Als Taufpaten stellten sich vielfach höhergestellte Persönlichkeiten
und Amtspersonen zur Verfügung, mit der erklärten Absicht, die Bedeutung
dieses Vorgangs zu unterstreichen. Dafür mag das Beispiel einer Judentaufe
in Bebra gelten, wo 1769 der Nentershäuser Amtmann Thiele einer der Paten
für den damals 26jährigen Juden Meyer Levi war, der sich dort auf
den Namen Wilhelm Henrich Augustus taufen ließ - nachdem er zuvor
sein Glaubensbekenntnis öffentlich dargelegt, wie es mit Datum vom
28. 5. 1769 im Taufbuch der Pfarrei Bebra heißt. Die Taufe Ruben Salomon/Christian
Gottlieb 1807 in Rotenburg verlief dagegen in einem bescheideneren Rahmen, denn
hier war es ein einfacher Bürger, nämlich der in der Rotenburger
Neustadt wohnende Christian Schade, der die Patenschaft für den taufwilligen
Juden übernommen hatte. Daß der Vorgang aber auch hier nicht als
Routineangelegenheit betrachtet wurde, wird daraus ersichtlich, daß -
wie im Kirchenbuch ausdrücklich vermerkt - auch der zweite Pfarrer der
Gemeinde und vier namentlich genannte Kirchenälteste dem Taufakt beiwohnten,
nämlich Reinhard Biehl, George Biehl, Christoph Möller und Conrad
Pabst.
Der die Taufe begehrende Ruben Salomon war sich offenbar sicher, seinen Wunsch
gewährt zu bekommen. Denn schon am 31. März 1807, also vier Monate
vor dem Tauftermin, bittet er beim Rat der Stadt Rotenburg, ihn in die
Zahl der hiesigen Bürger aufzunehmen, weil er einen Handel
daselbst etabliren will. Vom Konsistorium in Kassel sei ihm nämlich
der Übergang zur christlichen Religion gestattet worden. Das
seinem Antrag beigefügte Dokument enthält aber lediglich die Anweisung
des Kasseler Konsistoriums an den Rotenburger Pfarrer Kellner, den Salomon
in den Wahrheiten der christlichen Religion zu unterrichten und wenn er die
nöthigen Kenntnisse, um in die christliche Kirche aufgenommen werden zu
können, erlangt hat, alsdann zur weiteren Verordnung zu berichten.
Bürgermeister und Rat der Stadt Rotenburg ließen den Antragsteller
mit Schreiben vom 3. 4. 1807 wissen, daß über sein Gesuch erst nach
erlangten Erst wenn das Konsistorium eine entsprechende Verordnung bey
uns präsentirt haben wird, so soll auf das gegenwärtige Gesuch eine
Resolution erfolgen. Ob Ruben Salomon als Christian Gottlieb in Rotenburg
das Bürgerrecht erwerben konnte, entzieht sich unserer Kenntnis. Ob möglicherweise
ein abschlägiger Bescheid ihn veranlaßte, Rotenburg zu verlassen
und sich andernorts niederzulassen?