Die
Gründung der Darlehenskasse in Friedewald unter Federführung des militant-antisemitischen
Ortspfarrers und durch Mithilfe des Landrats im Jahre 1879 - der ersten in ganz
Kurhessen - und die bald darauf folgende Einrichtung weiterer Kassen im Westen
wie im Ostteil des Kreises verringerte zwar die Abhängigkeit von jüdischem
Kapital, konnte sie aber nicht aufheben, zumal die ländliche Bevölkerung
infolge ihrer bewußtseinsmäßigen Rückständigkeit
den Darlehenskassen in den ersten Jahren mit Misstrauen begegnete bzw. ihnen
passiv gegenüberstand. Die Kassen verfügten zudem nur über beschränkte
Geldmittel. Außerdem konnte die Loslösung von den alten Geldgebern
wegen der noch vorhandenen Verschuldung nur langsam erfolgen. Gegenüber
den Raiffeisenschen Kornhäusern nahmen die kurhessischen Getreidebauern
eine distanzierte Position ein. Die jüdischen Handelspartner wurden oftmals
vor allem deshalb bevorzugt, weil sie in bar zahlten und eine bessere Preisgarantie
gewährleisteten. (D. Peal 1985, S. 342) D. Peal (1985, S. 287) weist in
diesem Zusammenhang an Beispielen aus dem osthessischen Raum den aktiven Part
nach, den protestantische Geistliche im Rahmen der Raiffeisenbewegung allgemein,
aber auch hinsichtlich deren antijüdischer Polemik übernahmen, obwohl
sich die zentrale Raiffeisenführung vom Antisemitismus distanziert hatte.
Nach Peal (1985, S. 369) war der Antisemitismus nicht Teil der offiziellen Verbandspolitik,
sondern ein wesentlicher Faktor, auf dem die Raiffeisensche Verbandsarbeit aufbauen
konnte. Besondere Wirksamkeit entfaltete dabei der bei der protestantischen
Bevölkerung Kurhessens stärker als jedes andere Druckerzeugnis verbreitete
kirchlich-offiziöse Kasseler Sonntagsbote mit seiner gleichzeitigen Propagierung
von Antisemitismus und Raiffeisenorganisation.
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Pfarrer
Haupt,
Gründungsvorsitzender der Darlehenskasse Friedewald |
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