Zusammenfassender Überblick über die politische Entwicklung im Kreis Hersfeld 1918 bis 1933
Die Entwicklung der Wählerzahlen im Landkreis im Verlauf der Wahlen in der Weimarer Republik soll durch die nebenstehende graphische Darstellung veranschaulicht werden. Bis zu den Krisenabschlußwahlen am 4. 5. 1924 ging der Prozentsatz der sozialistischen Stimmen ständig zurück, während die Rechtsparteien bei dieser Wahl den Höhepunkt ihrer Entwicklung während der 20er Jahre erlebten, nachdem sie bereits 1920 ihren Stimmenanteil gegenüber 1919 verdoppelt hatten. In dieser Entwicklung der Wählerzahlen äußert sich die Abkehr vieler Bürger vom Weimarer Staat nach einer kurzzeitigen Absage an monarchistische, militaristische, autoritäre und antisozialistische Anschauungen aus der Vorkriegs- und Kriegszeit.
1928, nach vier Jahren stetiger ökonomischer Aufwärtsentwicklung und außenpolitischer Erfolge, zeigte sich ein Aufschwung des republikanischen Gedankens und eine Stabilisierung der politischen und sozialen Verhältnisse. Die Linke kam 1928 fast an ihren Stimmenanteil von 1919 heran. Diese Entwicklung der Stimmenanteile kehrte sich ab 1930 durch die Erfolge der NSDAP aber wieder um.
Bei der Novemberwahl 1932 vermochte zwar außer der NSDAP auch die KPD von der Wirtschaftskrise zu profitieren und der SPD Wähler abtrünnig zu machen, doch blieben die KPD-Stimmenzahlen auch bei diesem Wahltermin unbedeutend gegenüber dem Wählerpotential der rechtsradikalen NSDAP. Die bürgerlichen Anhänger der Weimarer Republik (DDP und Zentrum) bestanden 1932 fast ausschließlich aus der zahlenmäßig schwachen katholischen Wählerschaft der Zentrumspartei. Der Wählerabfall vollzog sich bei der DDP (bzw. Staatspartei) schneller als im übrigen Reichsgebiet, da die Fortschrittlichen in der Kaiserzeit im Kreis Hersfeld keine Rolle gespielt hatten und eine liberale Stammwählerschaft daher nicht existierte. Seit 1924 war die DDP im Kreis Hersfeld eine unbedeutende Splitterpartei. 1932 verschwand sie völlig von der politischen Bühne, nachdem ihre Umwandlung in die Staatspartei 1930 ihren Verfall nicht hatte aufhalten können. Die DVP war wegen der kurzen Vorbereitungszeit bei den Wahlen zur Nationalversammlung praktisch leer ausgegangen, tauschte aber 1920 ihren Platz mit der DDP und wurde 1921 knapp vor der DNVP stärkste bürgerliche Partei. Die Annäherung der DVP an den Weimarer Staat durch die Politik Stresemanns kostete die Partei 1924 fast die Hälfte ihrer Wählerschaft, die sich nun der DNVP zuwandte. In den Wahlen des Jahres 1932 wurde die DVP fast völlig aufgerieben; ihre Wählerschaft wanderte in großem Ausmaß zur NSDAP ab.
Seit 1928 veränderten Parteineugründungen das Bild im Bereich der bürgerlichen Mitte und der Rechten. Während die Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei) über ihre 3,2% bei der Reichstagswahl 1928 nicht hinauskam, gelang es dem Landvolk bzw. der Christlich-Nationalen Bauern- und Landvolkpartei (CNLVP) mit 8,2 bzw. 6,3% 1928 und 1930 die DNVP stark zu schwächen, die 1930 mit nur noch 3% der Stimmen zur Splittergruppe absank. Der Christlich-Soziale Volksdienst, unterstützt von dem Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband (DHV), vermochte die Mutterpartei 1930 um 50% zu überflügeln, um allerdings 1932 wieder nahezu vollständig von der politischen Bühne zu verschwinden.
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